(v.l.n.r.) Ulrich Rüther, Dieter Gebhard, Barbara Rüschoff-Thale, Wolfgang Kirsch, Ute Crew, Reinhart Richter, Bernd Neuendorf nahmen an der Konferenz teil.
Foto: LWL/Althaus

„Kultur wird zum Mannschaftssport“

(v.l.n.r.) Ulrich Rüther, Dieter Gebhard, Barbara Rüschoff-Thale, Wolfgang Kirsch, Ute Crew, Reinhart Richter, Bernd Neuendorf nahmen an der Konferenz teil. Foto: LWL/Althaus
(v.l.n.r.) Ulrich Rüther, Dieter Gebhard, Barbara Rüschoff-Thale, Wolfgang Kirsch, Ute Crew, Reinhart Richter, Bernd Neuendorf nahmen an der Konferenz teil.
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Zwölf Kommunen und kommunale Kooperationen aus Westfalen-Lippe haben am Freitag (7.2.) die Ergebnisse ihrer Kulturplanungen den 380 Teilnehmern einer Tagung in Hagen vorgestellt. Kulturschaffende und -förderer, Kultureinrichtungen und Kulturpolitiker vor Ort hatten im vergangenen Jahr gemeinsam Strategien für die Kultur entwickelt. Entstanden sind so zum Beispiel ein digitales Kulturhandbuch (Lippstadt), Stellen für Kulturkoordinatoren (Kreis Höxter) und Kulturbeiräte (Freudenberg), um die einzelnen Aktivitäten besser abzustimmen. In einem westfalenweiten „Netzwerk Kulturplanung“ wollen die Kommunen voneinander lernen.

„Kultur ist seltener ein Mannschaftssport, weil Kultur oft von herausragenden Solisten lebt. Wenn die Mitspieler in den Kommunen aber zusammen eine Strategie entwickelt haben, hat sich so etwas wie Teamgeist gebildet, und auf einmal klappt das Zusammenspiel besser“, so der Direktor des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL), Dr. Wolfgang Kirsch, am Freitag in Hagen. Die Tagung ist Teil der „Kulturagenda Westfalen“, in deren Rahmen mehrere Förderer und der LWL Kommunen bei der Entwicklung strategischer Kulturplanungen unterstützen.

Die Kreise Höxter und Olpe, die Städte Freudenberg (Kreis Siegen-Wittgenstein) und Hagen, Lippstadt (Kreis Soest), Hattingen (Ennepe-Ruhr-Kreis) und Witten (Ennepe-Ruhr-Kreis) sowie die kooperierenden Städte Ahlen/Beckum (Kreis Warendorf) und Halver-Kierspe-Schalksmühle- Meinerzhagen (Märkischer Kreis) sind dabei die so genannten Pilotkommunen. Daneben stellten drei weitere Kommunen ihre Kulturentwicklungsplanungen vor: Bielefeld, Hamm sowie Bad Oeynhausen (Kreis Minden-Lübbecke) haben im vergangenen Jahr ihre Planungen abgeschlossen.

In Lippstadt und Freudenberg, Ahlen/Beckum sowie in den Kreisen Olpe und Höxter sollen für Koordination und Vernetzung nach dem Willen der Akteure personelle Ressourcen bereitgestellt werden. Der Kreis Höxter hat damit begonnen, indem die Stelle eines Kulturmanagers ausgeschrieben wurde.

Auch Lippstadt hat mit der Umsetzung begonnen, hier wurde ein digitales Kulturhandbuch erarbeitet. Die Online-Datenbank startete Anfang des Jahres mit rund 150 Einträgen von Kunstschaffenden oder Vereinen und soll Anbieter und Nutzer von Kulturangeboten zusammenbringen. Nach Genres wie Musik, Theater oder Tanz sortiert lassen sich auf einer Karte alle Anbieter im Stadtgebiet anzeigen und kontaktieren.

Unter anderem in Freudenberg, Lippstadt und im Kreis Höxter wird auch ein „Kulturbeirat“ als notwendig erachtet, das heißt ein kulturpolitisches Gremium mit beratenden und unterstützenden Funktionen an der Schnittstelle zwischen Politik, Verwaltung und städtischen sowie den so genannten freien Kulturschaffenden. Vertreter aller Interessengruppen und der Wirtschaft sollen in diesen Kulturbeiräten vertreten sein und die jeweilige Kulturlandschaft auf der Grundlage der erarbeiteten Maßnahmen aus dem Planungsprozess inhaltlich begleiten und weiterentwickeln. Dies ist zurzeit eine der vorrangigen Aufgaben in Freudenberg.

Es gab auch Unterschiede in den Prozessen: So soll als einziges Beispiel die Verbindlichkeit der Zusammenarbeit der vier Kommunen „Oben an der Volme“ (Meinerzhagen/ Kierspe/ Halver/ Schalksmühle) zur gemeinsamen Kulturentwicklung durch ein Kulturrahmenabkommen gesichert werden.

Dieter Gebhard, Vorsitzender der Landschaftsversammlung Westfalen-Lippe und Vorsitzender des LWL-Kulturausschusses, zeigte sich zufrieden: „Ein wichtiges Ziel der Kulturagenda Westfalen ist auch, den gesellschaftlichen Stellenwert von Kultur zu verbessern. Dafür ist angesichts der sich immer schneller ändernden Welt strategische Kulturpolitik notwendig. Das riesige Interesse an dieser Tagung zeigt, dass dies zunehmend erkannt wird. Wir freuen uns vor allem, dass auch so viele ehrenamtlich tätige Lokalpolitiker die Chance zu Information und Austausch genutzt haben.“

Bei der Fachtagung konnten die Teilnehmenden die Ergebnisse der Planungsprozesse intensiv in einem sogenannten Lernkarussell kennenlernen und diskutieren. Sind die intendierten Auswirkungen erreicht worden? Hat sich die Methode bewährt und ist sie übertragbar? Welche Rolle muss interkommunale Kooperation im Kulturbereich in Zukunft spielen und welche Rahmenbedingungen sind dafür notwendig?

„Interkommunale Zusammenarbeit ist eine große Chance für die Kultur. Ich bin dem Landschaftsverband Westfalen-Lippe sehr dankbar, dass er hier das Tor zu einem neuen Weg aufgestoßen hat. Besonders freut mich, dass die Kreise Höxter und Olpe, die Kooperation von Ahlen und Beckum sowie die Zusammenarbeit „Oben an der Volme“ mit
Meinerzhagen, Kierspe, Halver und Schalksmühle unter den Teilnehmern der Pilotplanungen vertreten sind. Gemeinsam mit dem Landschaftsverband und den Kommunen werden wir die Planungsprozesse in Westfalen begleiten und die Kulturagenda fortführen“, sagte Kulturstaatssekretär Bernd Neuendorf.

Wie die Kulturagenda Westfalen weitergeht, erklärte LWL-Kulturdezernentin Dr. Barbara Rüschoff-Thale am Schluss der Tagung. „Nun gilt es, die Umsetzung der Maßnahmen und die Evaluation des Erreichten nach einem Jahr in den Pilotkommunen zu begleiten. Die Piloten und Beobachter erachten außerdem ein ‚Netzwerk Kulturplanung‘ für sinnvoll. Das soll den fachlichen Austausch, besonders bei der Umsetzung der Maßnahmen, erleichtern und Qualifizierung ermöglichen. Das Netzwerk soll vom Projektteam ‚Kultur in Westfalen‘ moderiert werden.“ Außerdem sei eine Publikation in Vorbereitung, die nicht nur alle Ergebnisse dokumentieren werde, sondern auch Leitfadencharakter enthalte für weitere Kommunen, die konzeptgestützte Kulturpolitik betreiben wollen.

Hintergrund

Seit Mai 2012 wird unter dem Dach des Projekts „Kultur in Westfalen“ die Kulturagenda Westfalen umgesetzt, der Kulturentwicklungsprozess für Westfalen-Lippe. Ein wichtiges Ziel dabei ist, Kulturplanungen und kulturpolitische Diskurse zu initiieren und zu fördern sowie Synergien herzustellen und zu nutzen – überall in Kommunen und Organisationen in Westfalen-Lippe.
Um die Teilnahme als Pilot hatten sich 18 Kommunen bzw. kommunale Kooperationen und Kulturorganisationen beworben.
Das Konzept wurde von Kulturberater Reinhard Richter erarbeitet. Seine Methode ermöglicht es, innerhalb von kurzer Zeit unter Beteiligung möglichst vieler Akteure zu tragfähigen Ergebnissen zu kommen.
Die Kulturagenda Westfalen wird moderiert vom Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL). Förderer sind die LWL-Kulturstiftung, die Kulturstiftung der Westfälischen Provinzial Versicherung und die Sparda-Bank Münster.

Jeder Planungsprozess bestand aus fünf aufeinander aufbauenden, halb- oder ganztägigen Workshops. Alle Kulturschaffenden und Förderer, Entscheider aus Politik und Verwaltung sowie Bürgerinnen und Bürger der jeweiligen Kommune waren eingeladen, darin mitzuarbeiten. Auf die Bestimmung der Rahmenbedingungen wie Armut oder Mobilität, die die Kulturentwicklung in den nächsten Jahren in der jeweiligen Kommune beeinflussen werden, folgte die Stärken-Schwächen-Chancen-Risiken-Analyse (SWOT). Auf dieser Grundlage erarbeiteten die Teilnehmenden anschließend Visionen unter der Frage „Was wollen wir für die Kulturentwicklung in unserer Kommune erreichen?“, um dann zunächst strategische Ziele und in einem letzten Schritt die dafür erforderlichen konkreten Maßnahmen zu erarbeiten. So haben seit Dezember 2012 insgesamt fast 50 öffentliche Workshops in den Pilotkommunen stattgefunden. Die fachliche Begleitung und Moderation übernahm Kulturberater Reinhart Richter aus Osnabrück.

Das Besondere: Vertreter aus anderen Kommunen oder von anderen Kulturorganisationen, konnten an einem Prozess als Beobachter teilhaben, um für die eigene Kulturarbeit zu profitieren. Insgesamt machten rund 20 Kulturakteure von diesem Angebot Gebrauch, von der Gemeinde Hiddenhausen (Kreis Minden-Lübbecke) über den Kreis Steinfurt bis zum Kulturbüro Südwestfalen.

Aufgabe der Kulturverwaltungen war es – neben der Organisation der Planungsprozesse -, alle Ergebnisse aufzubereiten und für die Beschlussfassung zur Umsetzung in den jeweiligen politischen Gremien vorzubereiten.
In fünf Prozessen ist seit Sommer 2013 eine Beschlussfassung in den Fachausschüssen für Kultur beziehungsweise in den Kreistagen erfolgt.

Den Auftakt machte die Stadt Freudenberg bereits im Sommer 2013. Bis zum Ende des Jahres 2013 folgten die Kreise Höxter und Olpe sowie die Städte Hattingen und Lippstadt. Hier, in Ahlen/Beckum sowie im Projekt „Oben an der Volme“ stehen weitere politische Beratungen in den nächsten Monaten an. In Witten läuft noch die Aufbereitung der Ergebnisse.
In der Stadt Hagen, dem letzten der neun Prozesse, findet am 12. Februar die Zielkonferenz „Von der Vision zur Idee – für ein nachhaltiges Hagener Kulturleben“ statt, dabei werden strategische Ziele erarbeitet.

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