Eine erfolgreiche Umsetzung der Energiewende verlangt eine Optimierung des Netzausbaubedarfs unter Aufrechterhaltung einer hohen Versorgungszuverlässigkeit und einer normgerechten Spannungsqualität. Ein wichtiger Baustein dabei ist die Bereitstellung und Nutzung von verbrauchernaher Blindleistungs-Kompensation als Teil eines umfassenden Blindleistungs-Managements im Verteilungsnetz.
Eine im Auftrag des ZVEI erarbeitete Studie belegt die positiven Effekte einer stärkeren Kompensation von Blindleistung für das Stromnetz. So ließen sich allein durch die Erhöhung des momentanen Kompensationsgrenzwerts (i.d.R. cosφ = 0,90) die Netzverluste um 1,7 TWh pro Jahr senken. Dies entspricht dem Stromverbrauch von 480.000 Haushalten bzw. der Einsparung von knapp einer Million Tonnen CO2 pro Jahr. Eine geringere Auslastung der Betriebsmittel würde sich einerseits positiv auf deren Lebensdauer auswirken. Andererseits könnte die freiwerdende Netzkapazität dazu beitragen, in beträchtlichem Umfang weitere dezentrale Erzeugungsanlagen oder Lasten ins Netz zu integrieren. Dies verringert die Kosten für Netzausbau, -umbau und -erhalt um über 300 Millionen Euro pro Jahr.
„Wir konnten wissenschaftlich bestätigen, dass die Blindleistungs-Kompensation einen enorm wichtigen Baustein für eine effiziente und nachhaltige Energieversorgung darstellt und nach und nach mehr Beachtung findet“, erläutert Prof. Dr. Oliver Brückl, dessen ‚Institut für Netz- und Anwendungstechnik‘ die Studie in Kooperation mit der Hochschule Regensburg erstellt hat. Das Ziel müsse sein, maßvoll mit Blindleistung in den Netzen umzugehen.
Um das Potenzial der Blindleistung gänzlich zu nutzen, bedarf es einer netzzustandsabhängigen Regelung, eines sogenannten Blindleistungs-Managements. Nur ein auf den jeweiligen Netzzustand abgestimmtes Blindleistungs-Verhalten von dezentralen Erzeugungsanlagen und industriellen Blindleistungs-Kompensationsanlagen kann für eine optimale Ausnutzung der Netzinfrastruktur und eine Minimierung der Netzverluste sorgen. „Dazu müssen aber Änderungen am regulatorischen Rahmen vorgenommen und faire, wettbewerbliche Prozesse zur Beschaffung der Blindleistung eingeführt werden“, so Brückl. „Gewerbliche und industrielle Betriebe könnten Blindleistung teilweise volkswirtschaftlich kostengünstiger anbieten als dezentrale Erzeugungsanlagen. Dieses Potenzial wird derzeit nicht genutzt.“
Link: www.zvei.org