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Glaube auf dem Stand der Forschung

Haben die „theologischen Updates“ initiiert: Prof. Dr. Cornelia Richter (links) und Katharina Opalka vom Institut für Hermeneutik der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Universität Bonn. © Foto: Barbara Frommann/Uni Bonn
Haben die „theologischen Updates“ initiiert:
Prof. Dr. Cornelia Richter (links) und Katharina Opalka vom Institut für Hermeneutik der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Universität Bonn. © Foto: Barbara Frommann/Uni Bonn

Die Wissenschaft vom christlichen Glauben operiert mit ewigen Wahrheiten und zeitlosen Werten – entdeckt aber oft, in welch zeitgebundener Verpackung früherer Jahrhunderte diese Werte mitunter erscheinen. Mit einer neuen Internet-Seite wollen zwei evangelische Theologinnen der Universität Bonn jetzt Pfarrern und Lehrern, Ehrenamtlichen und Journalisten dabei helfen, auf Höhe der Forschung zu bleiben und solche Probleme leichter zu erkennen. Federführend ist Professorin Dr. Cornelia Richter vom Institut für Hermeneutik.

„Es stehen Updates zur Verfügung“, meldet der Computer – und veraltete Programme werden durch verbesserte Versionen ersetzt. Dass so etwas auch in der Theologie funktionieren soll, wundert einen. Geht es da nicht um ewige Wahrheiten? Um zeitlose Werte, die sich nicht „verbessern“ lassen? Mit „Update“ beißt es sich aber trotzdem nicht – denn es bedeutet „auf den neuesten Stand bringen“. Zwei Wissenschaftlerinnen an der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Universität Bonn haben jetzt genau das vor. Mit ihrem Internet-Projekt „Theologische Updates“ wollen sie Kollegen, die den christlichen Glauben an der Basis vermitteln – zum Beispiel Pfarrer, Lehrer und Prädikanten, auch Ehrenamtliche und Journalisten -, mit aktuellen Entwicklungen des Fachs vertraut machen.

Kernsätze neu verstanden

Auf die Beine gestellt haben das neue Online-Angebot Professorin Dr. Cornelia Richter vom Institut für Hermeneutik und ihre Wissenschaftliche Mitarbeiterin Katharina Opalka, zur Pfarrerin ausgebildete Theologin. „Es zeigt sich, dass sich nach dem Examen so mancher Teil des Gelernten leider relativ rasch in eingefahrene Praxisformulierungen hinein verengt“, erläutert Prof. Richter. „Andere Dinge bleiben zwar sehr präsent, aber oft auf dem Stand der Zeit, in der man studiert hat. Dabei hat sich in den vergangenen Jahren in der Theologie unglaublich viel getan.“ Das betrifft etwa Bibeltexte: Die Forschung hat sie mit vielfältigen Überlieferungen verglichen und festgestellt, dass sie aus völlig anderen Zeiten stammen als angenommen – und daher auch anders verstanden werden müssen.

Auch manches Element der christlichen Lehre wird heute von der Fachwelt neu interpretiert. Der „Opfertod Jesu zur Vergebung der Sünden“ zum Beispiel. „Dass ein rachsüchtiger Gott seinen Sohn opfern müsse, weil die Menschen gesündigt haben, ist für heutige Menschen eine hoch brutale Theorie“, sagt Prof. Richter. Wie sie erläutert, geht sie auf den Denker Anselm von Canterbury zurück (er starb im Jahre 1109), sei also „ein mittelalterliches Konstrukt, das in dieser Form in der Bibel nicht angelegt ist“. Anselm argumentierte ungefähr so: Gott und der Mensch haben einen Bund, das heißt eine Art Vertrag geschlossen. Während die Menschheit diesen Bund durch ihre Sünden gebrochen habe, halte Gott als höchste Instanz der Gerechtigkeit an den „Vertragsbedingungen“ konsequent fest. „Der Mensch des Mittelalters dachte: Gerade weil Gott gerecht ist, muss er sich an die Regeln halten und deshalb Wiedergutmachung fordern“, so die Theologin. „Der Mensch kann sie nach Anselm aber nicht leisten, also braucht es Jesus Christus, der für ihn eintritt.“ Hätte Gott auf Jesu Kreuzestod verzichtet, „wäre das nach mittelalterlichem Verständnis ein Zeichen absoluter Willkür.“

Ganz anders sieht das der heutige Mensch, der einer genau gegensätzlichen Logik folgt, sagt Prof. Richter. „Für uns ist Gott gerecht, wenn er von einem Opfer absieht, wenn er Gnade vor Recht ergehen lässt. Wenn man sich das klarmacht, wird deutlich, dass man die Bibel immer in die eigene Zeit hinein liest. Das geht so weit, dass man sie heute historisch präziser liest und merkt, dass Begriffe wie »Sühne« oder »Stellvertretung« für den Tod Jesu in der Bibel selbst gar nicht ausgesagt werden.“ Doch sei diese genauere Lesart in der Forschung so jung, dass sie in die Praxis vielerorts noch gar nicht eingegangen sein kann. „Insofern helfen unsere Updates, das tradierte Wissen auf neues Niveau zu bringen – nicht »besser«, aber neu verstanden.“

Keine „theologische Entscheidungsinstanz“

Seit November ist die fertig programmierte Seite am Netz, jetzt ist die Testphase abgeschlossen. Das Prinzip ist einfach: Wer eine Frage hat, kann sie (auch anonym) in eine Suchmaske eintragen und abschicken. Nach einer gewissen Bearbeitungszeit erscheint an gleicher Stelle die Expertenantwort. Schon in der Testphase ging es um gewichtige Probleme. Darf man beim Abendmahl die Einsetzungsworte ändern? Was heißt es, wenn das Dogma sagt, Gott sei eine „Person“? Ist ein christlicher Segen auch für Tiere oder gar Maschinen denkbar?

Prof. Richter betont, dass sich die Universität Bonn mit dem Projekt nicht zur „theologischen Entscheidungsinstanz“ aufschwingen will. „Die Beiträge sind von unserer Position gefärbt und sie sind – eben ganz im Sinne aktueller Forschung – jeweils zeitbedingt. Was ich heute dort schreibe, kann in einem Jahr neu kommentierungsbedürftig sein.“ Deswegen gibt es für die Besucher der Seite auch die Möglichkeit, die Antworten selbst zu kommentieren und vertieft nachzufragen.

Internet: www.theol-updates.uni-bonn.de

Molekulare Details zur Regulation der HCV-Replikation identifiziert

HCV Polyprotein und dessen Prozessierung zu funktionellen Bausteinen (oben), NS3 Struktur mit den identifizierten regulatorischen Aminosäuren (unten; Abb.: Tautz et al.) Foto: Uni Lübeck
HCV Polyprotein und dessen Prozessierung zu funktionellen Bausteinen (oben), NS3 Struktur mit den identifizierten regulatorischen Aminosäuren (unten; Abb.: Tautz et al.)
Foto: Uni Lübeck

Virologen und Zellbiologen aus Lübeck, Heidelberg und den USA klären Mechanismen der Infektion mit dem Hepatitis C Virus genauer auf Hepatitis C Virus (HCV) ist das wichtigste ätiologische Agens von sporadischen und transfusionsassoziierten non-A, non-B-Hepatitis. Ungefähr die Hälfte aller Infektionen führen zu einer chronischen Form der Lebererkrankung mit verschiedenen klinischen Manifestationen von einem asymptomatischen Trägerstatus bis hin zu chronisch aktiver Hepatitis, Leberzirrhose und Leberzellkarzinom.

Das Hepatitis C Virus wird hauptsächlich über die parenterale Route oder durch die Verwendung von kontaminierten Blutprodukten (vor 1991) übertragen. Durch die Durchführung von diagnostischen Tests auf HCV kontaminierte Blutprodukte konnte die Häufigkeit von neuen HCV-Infektionen in den letzten Jahren drastisch gesenkt werden. HCV ist trotzdem weiterhin ein ernstes medizinisches Problem, da über 170 Millionen Menschen dauerhaft mit diesem Virus infiziert sind und ein hohes Risiko für schwere chronische Lebererkrankung wie Leberzirrhose und
Leberzellkarzinom haben.

Wie bei vielen anderen Positivstrang-RNA Viren sind im viralen Lebenszyklus von Hepatitis C während der Assemblierung der viralen Viruspartikel neben den Strukturproteinen auch die Nichtstrukturproteine (NS) sowie verschiedene zelluläre Komponenten involviert. Die Nichtstrukturproteine sind auch essentiell am Prozess der Reifung von viralen Replikationskomplexen beteiligt. Dieser Prozess muss exakt gesteuert werden, um einen funktionellen Zusammenbau viraler Replikationskomplexe zu gewährleisten. Bei diesem Vorgang spielt die zeitliche Regulierung der viralen Polyprotein-Prozessierung oft eine entscheidende Rolle. Die große Bedeutung dieser Regulation ist besonders gut an der zwingenden Notwendigkeit einer effizienten NS2-NS3-Spaltung für eine erfolgreiche HCV Genomreplikation zu beobachten.

Die genauere Charakterisierung der molekularen Mechanismen dieser NS2-NS3 Spaltungsregulation waren Gegenstand der Arbeit von Forschern um Prof. Norbert Tautz (Institut für Virologie und Zellbiologie der Universität zu Lübeck) aus Lübeck, Heidelberg und New Heaven, USA. In dieser Studie wurden neue detaillierte Erkenntnisse darüber gewonnen, wie die Regulation der NS2-NS3 Spaltung auf molekularer Ebene stattfindet und warum eine vollständige Spaltung eine zwingende Voraussetzung für den viralen Lebenszyklus von HCV ist. Sie berichten über ihre Ergebnisse in der aktuellen Ausgabe von PLoS Pathogens.

„Wir zeigen in dieser Arbeit, dass drei konservierte Aminosäuren eines hydrophoben NS3-Oberflächenareals eine wichtige Schalterfunktion im viralen Lebenszyklus besitzen“, sagt Prof. Tautz. „Auf der einen Seite sind diese Aminosäuren wichtig für die Aktivierung der NS2 Protease durch NS3, welche zur effizienten NS2-NS3-Spaltung führt. Gleichzeitig ist eine dieser drei Aminosäuren ein kritischer Faktor für die HCV-Genomreplikation, wie eine detaillierte Charakterisierung der beteiligten NS3 Oberflächenreste bezüglich ihrer Rolle in der viralen RNA Replikation zeigte.“

Überraschenderweise ergaben weitere Experimente, dass die NS2-NS3-Spaltung eine zwingende Voraussetzung für die NS5A Hyperphosphorylierung. Diese NS5A Hyperphosphorylierung ist ein Hinweis auf den erfolgreichen Zusammenbau der viralen Replikationskomplexe.

„Unsere Ergebnisse weisen darauf hin, dass im Zuge des schrittweisen Aufbaues von funktionellen viralen Replikationskomplexen eine geordnete Kaskade von molekularen Ereignissen stattfinden muss“, erläutert der Lübecker Virologe. „In ungespaltenem NS2-NS3 fördert das hydrophobe NS3 Oberflächenareal die NS2 Protease Stimulation und damit die NS2-NS3-Spaltung. Nach erfolgreicher NS2-NS3-Spaltung wird dieser NS3 Oberflächenbereich für den nächsten Schritt, dem Zusammenbau der funktionellen Replikase zugänglich. Im Zuge dieser Assemblierung kann das nun freigesetzte NS3 Oberflächeareal durch Protein-Protein Interaktionen, die derzeit in unserer Gruppe genauer untersucht werden, die NS5A Hyperphosphorylierung und damit die Vermehrung des viralen RNA Genoms effektiv fördern.“

Titel der Publikation:
„A Conserved NS3 Surface Patch Orchestrates NS2 Protease Stimulation, NS5AHyperphosphorylation and HCV Genome Replication.“ PLoS Pathogens 10.1371/journal.ppat.1004736
Olaf Isken1, Ulrike Langerwisch1, Vlastimil Jirasko2, Dirk Rehders3, Lars Redecke3, Harish Ramanathan4, Brett D. Lindenbach4, Ralf Bartenschlager2, Norbert Tautz1
1 Institute of Virology and Cell Biology, University of Lübeck, Germany,
2 Department of Molecular Virology, University of Heidelberg, Heidelberg, Germany,
3 Joint Laboratory for Structural Biology of Infection and Inflammation of the University of Hamburg and the University of Lübeck, DESY, Hamburg, Germany,
4 Department of Microbial Pathogenesis, Yale University, New Haven, Connecticut, United States of America.

Die Arbeit wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG, TA 218 2-1) und Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF, Grants 01KX0806 und 01KX0807) gefördert.

Wie die Neandertaler sich dem Klima anpassten

Warum hat sich der Homo sapiens in der Evolution durchgesetzt und nicht der Neandertaler? Das ist eine Frage, die Dr. Andrea Picin antreibt. „Nur wenn wir das soziale Verhalten und die technologischen Fertigkeiten unserer Vorfahren kennen, können wir verstehen, warum es uns heute gibt und nicht sie“, sagt Picin.

Dr. Andrea Picin forscht als Humboldt-Stipendiat an der Uni Jena über die Levallois-Technik, einer T ... Foto: Anne Günther/FSU
Dr. Andrea Picin forscht als Humboldt-Stipendiat an der Uni Jena über die Levallois-Technik, einer T …
Foto: Anne Günther/FSU

Der italienische Wissenschaftler forscht derzeit als Stipendiat der Alexander von Humboldt-Stiftung an der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Insgesamt zwei Jahre ist er in der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Clemens Pasda vom Bereich für Ur- und Frühgeschichte zu Gast; drei Monate davon wird er im Neanderthal Museum im nordrhein-westfälischen Mettmann verbringen.

Während seines Forschungsaufenthaltes in Jena wird sich der 39-Jährige vor allem mit der Levallois-Technik befassen – einer Technik zur Bearbeitung von Feuerstein, welche die Neandertaler vor etwa 200.000 Jahren entwickelt haben. „Dabei wurde der Stein aufwendig vorbearbeitet und dann mit einem gezielten Schlag ein Stück aus dem Kernstein abgetrennt, der gewissermaßen als Negativ übrig blieb“, erklärt Picin. Damit konnten die Menschen nicht nur feinere und präzisere Werkzeuge herstellen, die Technik war auch eine Weiterentwicklung der kognitiven Fähigkeiten, da die Menschen den Stein zunächst in ihrer Vorstellung umformen mussten, sagt Picin.

Der Wissenschaftler will nun herausfinden, wie sich die Levallois-Technik in Mitteleuropa entwickelt hat und welchen Einfluss die jeweiligen Umweltbedingungen dabei hatten. „In der Altsteinzeit wechselten sich Eis- und Warmzeiten ab und damit veränderten sich auch Flora und Fauna. Die Menschen mussten neue Jagdstrategien entwickeln und damit auch neue Waffen und Werkzeuge, was wiederum neue Techniken zur Bearbeitung von Steinen nach sich zog“, erläutert Picin seinen Forschungsansatz.

In den kommenden Monaten wird er tausende altsteinzeitliche Steinartefakte akribisch untersuchen und vermessen, um zu rekonstruieren, wie die Menschen sie einst bearbeitet haben und ob sich die Arbeitsweise im Laufe der Zeit verändert hat. Anschließend wird er die Ergebnisse mit Klima- und Umweltdaten vergleichen – um schließlich zu entschlüsseln, wie die Menschen ihr Verhalten und ihre Arbeitsweise den jeweiligen Lebensbedingungen anpassten. Picins Hauptaugenmerk liegt dabei auf den mitteldeutschen Ausgrabungsorten Markkleeberg, Neumark und Königsaue.

„Die drei Fundstellen spiegeln Epochen mit unterschiedlichen klimatischen Verhältnissen wider, so dass sich hier der Zusammenhang zwischen Klima und technologischem Wandel besonders gut erforschen lässt“, sagt Picin. Die Markkleeberger Fundstücke sind mit 300.000 Jahren am ältesten und stammen aus einer Eiszeit, ebenso die 50.000 Jahre alten Artefakte aus Könisgaue. „Die Funde aus Neumark liegen zeitlich genau dazwischen und sind hingegen einer Warmzeit zuzuordnen, als es wieder mehr Wälder gab und die Levallois-Technik weniger verbreitet war“, erklärt Picin.

Dass Andrea Picin sich heute mit den Neandertalern befasst, war vor einigen Jahren noch nicht absehbar: Denn Picin lernte ursprünglich den Beruf des Rettungsschwimmers, den er auch mehrere Jahre lang ausübte. Doch bei einem Besuch einer römischen Ausgrabungsstätte packte ihn der Forschergeist: Im Alter von 30 wagte er den beruflichen Neuanfang und studierte prähistorische Archäologie in Padua (Italien) und Tarragona (Spanien). Anschließend folgte die Promotion in Tarragona und am Neanderthal Museum, die er im März 2014 abschloss. Seit Oktober forscht er nun als Humboldt-Stipendiat an der Universität Jena.

„Der Bereich für Ur- und Frühgeschichte in Jena hat eine lange Geschichte und Prof. Pasda ist in Europa einer der bekanntesten Experten für Steinbearbeitungstechniken der Steinzeit“, betont Picin. Neben seiner Forschungsarbeit will der Italiener auch Erfahrungen in der Lehre sammeln – und natürlich Jena und die Region erkunden: „Ich habe kürzlich mehrere Leute gesehen, die auf der Saale Kanu gefahren sind. Das möchte ich auch unbedingt machen!“ sagt Picin. Die besten Voraussetzungen hat er ja, schließlich ist mit ihm immer ein Rettungsschwimmer an Bord.

Weitere Informationen:
http://www.uni-jena.de

Wasserstoffkern mit Quantensensor nachgewiesen

Wissenschaftlern der Universität Leipzig und der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) Zürich ist es gelungen, das Magnetfeld des unvorstellbar winzigen Kerns eines Protons nachzuweisen. Dafür wurden an der ETH quantenmechanische Effekte genutzt, wie Prof. Dr. Jan Meijer vom Institut für Experimentelle Physik II der Universität Leipzig sagt. „Die Methode erlaubt, das Magnetfeld des Kerns eines einzelnen Wasserstoffatoms in einem Abstand von einem Nanometer nachzuweisen und dessen Ort zu bestimmen.

Das NV-Zentrum (roter Pfeil) kann einzelne kleine Magnetfelder, die durch Protonen -dem Kern des Wasserstoffatoms - produziert werden (blaue Pfeile) auslesen. Die NV-Zentren sollten sich möglichst nahe an der Oberfläche befinden. Mit Mikrowellen und Laser wird der Sensor berührungsfrei ausgelesen. Foto: Prof. Christian Degen/ETH Zürich
Das NV-Zentrum (roter Pfeil) kann einzelne kleine Magnetfelder, die durch Protonen -dem Kern des Wasserstoffatoms – produziert werden (blaue Pfeile) auslesen. Die NV-Zentren sollten sich möglichst nahe an der Oberfläche befinden. Mit Mikrowellen und Laser wird der Sensor berührungsfrei ausgelesen.
Foto: Prof. Christian Degen/ETH Zürich

Dabei funktionieren die Sensoren bei Raumtemperatur und sind somit für viele Anwendungen in der Industrie und der Wissenschaft nutzbar“, erklärt der Physiker. Die Forscher aus Leipzig und Zürich haben ihre neuen Erkenntnisse in der jüngsten Ausgabe des renommierten Fachmagazins „Science“ veröffentlicht.

Die Magnetfeldsensoren bestehen aus nur einem Stickstoffatom sowie einer Fehlstelle (NV-Zentrum) im Diamantgitter. Wie die Physiker herausfanden, können die Farbzentren auch sehr nahe der Oberfläche eines Diamanten erzeugt werden. Dadurch lassen sich auch Magnetfelder einzelner Atome auf der Oberfläche detektieren. Diese sogenannten NV-Zentren werden dabei berührungsfrei mit Hilfe von Licht ausgelesen. „Dies macht sie für viele zukünftige Anwendungen einsetzbar. Denn überall in der Praxis, wo Magnetfelder mit extrem hoher Präzision gemessen werden müssen, kann dieser Effekt genutzt werden“, sagt Prof. Christian Degen von der ETH.

So sollen durch die neuen Erkenntnisse des deutsch-schweizerischen Forscherteams künftig wesentlich empfindlichere Biosensoren als bisher gebaut werden, wie Meijer erläutert. „Eigentlich arbeiten wir an einem Quantencomputer und versuchen dabei, jede mögliche Störung wie etwa durch das Magnetfeld einzelner Protonen zu vermeiden. In dieser Technik wurden die Störeffekte quasi als Messsignal genutzt“, sagt Meijer.

Um einzelne Wasserstoffatome an der Oberfläche eines Diamanten aufzuspüren, mussten die NV-Zentren möglichst nahe an der Oberfläche erzeugt werden. „Gelungen ist dies mit einer speziellen Oberflächenbehandlung und einem sogenannten Implanter. Er erlaubt es, einzelne Atome hochpräzise nur wenige Atomlagen tief zu platzieren“, sagt Dr. Sebastien Pezzagna, Physiker der Universität Leipzig. Die Forscher arbeiten nun daran, die Sensoren weiter zu verbessern, um damit einzelne Molekülstrukturen zu analysieren.

Fachveröffentlichung:
Single-proton spin detection by diamond magnetometry
Doi: 10.1126/science.1259464

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