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Gefühle richtig erkennen zahlt sich aus

Die Gefühle der Mitarbeiter und Kollegen klar und richtig erkennen zu wollen – so ein Wunsch ist etwas für Weicheier, nicht aber für taffe Geschäftsleute und effiziente Performer? Irrtum! In einer aufwendigen internationalen Studie wurde jetzt nachgewiesen: Menschliche „Emotions-Erkennungsfähigkeit“ wirkt sich unmittelbar auf das Erwerbseinkommen aus. Korrespondenzautor der Studie ist Professor Dr. Gerhard Blickle vom Psychologischen Institut der Universität Bonn.

Prof. Dr. Gerhard Blickle vom Institut für Psychologie der Universität Bonn. (c) Foto: Volker Lannert/Uni Bonn
Prof. Dr. Gerhard Blickle
vom Institut für Psychologie der Universität Bonn. (c) Foto: Volker Lannert/Uni Bonn

Die Ergebnisse sind nun im Fachblatt „Journal of Organizational Behavior“ erschienen.

In einer Abteilung Chef zu sein oder sogar ein ganzes Unternehmen zu lenken – beides hat nichts mit Kuscheln zu tun. Objektives Erkennen von Sachlagen, knallhartes Wissen um die Fakten, schnelle Entscheidungen und deutliche Autorität – wer da nach den Gefühlen der Mitarbeiter fragt, gilt rasch als Weichei. Dabei sind sie ein wichtiger Erfolgsfaktor nicht nur für das Unternehmen, sondern auch für denjenigen, der sich für sie interessiert: Experten für Arbeits- und Wirtschaftspsychologie haben jetzt nachgewiesen, dass sich die „Emotions-Erkennungsfähigkeit“ von Menschen auf ihr Einkommen auswirkt. Prof. Dr. Gerhard Blickle vom Institut für Psychologie der Universität Bonn ist Mitautor der Studie mit dem prägnanten Titel „It pays to have an eye for emotions“ (etwa: Gefühle erkennen zahlt sich aus).

„Geeichte“ Emotions-Zeugnisse

Dass es zum täglichen Miteinander gehört, die Stimmung des Anderen einzuschätzen, bedeutet nicht, dass es jeder gleich gut kann, sagt Prof. Blickle. „Das ist wie beim Fremdsprachenerwerb oder im Sport: Dem einen fällt es leicht, dem anderen schwerer. Jeder kann mal einen Liegestütz machen. Aber nicht jeder ist ein Olympiasieger.“ Um vergleichen und messen zu können, wie gut jemand die Emotionen seiner Mitmenschen erkennt, sammelten die Forscher Bilder und Tondokumente von Kindern und Schauspielern – Menschen also, die ihre Gefühle deutlich auszudrücken gelernt oder noch keine Lust haben, sie auf „erwachsene“ Weise zu verbergen. So dargestellte Emotionen wurden dann berufstätigen Untersuchungsteilnehmern vorgelegt: Die sollten dann zum Beispiel erkennen, ob der gezeigte Mensch etwa wütend oder traurig ist, sich freut oder Angst hat.

Für die Bonner Untersuchung sollten Arbeitnehmer im Alter zwischen 20 und 65 Jahren (142 Untersuchungsteilnehmer in der ersten, 156 in der nachfolgenden „Validierungs“-Studie) solche „fachlich geeichten“ Äußerungen beurteilen – jeweils 24 Gesichtsbilder und 24 Stimmaufnahmen galt es der passenden Emotion zuzuordnen. „Durchschnittlich ist das in 77 Prozent der Fälle gelungen“, berichtet Prof. Blickle. „Wenn einer es in 87 Prozent der Fälle schafft, dann ist er gut; bei 90 richtig gut; bei 60 nicht mehr so sehr.“

Anschließend befragten die Forscher die Kollegen und Vorgesetzten der Zielpersonen: Die Kollegen sollten die soziale Kompetenz der Teilnehmer bei der Zusammenarbeit am Arbeitsplatz beurteilen, letztere deren „soziale Leistung“ für die Firma (also zum Beispiel, ob das Team der Zielperson effektiv, weil harmonisch arbeitet). Ergebnis laut Prof. Blickle: Menschen mit guter Emotions-Erkennungsfähigkeit „werden von den Kollegen nachweislich als sozial kompetenter beurteilt. Ihre Vorgesetzten schreiben ihnen eine höhere Leistung in der Zusammenarbeit mit anderen zu. Und nachweislich ist auch ihr Erwerbseinkommen höher.“

Die „besondere Stärke“ der Studie sei, „dass wir Alternativerklärungen ausschließen konnten“, ergänzt Prof. Blickle. Zahlreiche Faktoren wirken auf das Einkommen eines Arbeitnehmers ein: Geschlecht, Alter, Ausbildung, wöchentliche Arbeitszeit und die hierarchische Position im Unternehmen. „All diese Varianten haben wir kontrolliert“, berichtet der Experte. „Dennoch blieb der Effekt der Emotions-Erkennungsfähigkeit auf das Einkommen bestehen.“

Lässt sich das Gefühlserkennungsvermögen nachhaltig steigern?

Die Forscher folgern daraus unter anderem, dass bei der Auswahl von Führungskräften mehr Wert auf die Fähigkeit zur Emotions-Erkennung gelegt werden sollte – vor allem, wenn es im Beruf auf den Umgang mit Menschen ankommt. „Wie oft hört man Führungskräfte von Verständnis und Wertschätzung sprechen“, kritisiert Prof. Blickle – „und wenn man ihr Führungsverhalten sieht, stellt man fest, dass sie beides nicht haben.“

Zwar gibt es diverse Verfahren, mit denen sich die „Emotionale Intelligenz“ erhöhen lässt. Wie Prof. Blickle erläutert, konzentrieren die sich jedoch allesamt darauf, die Emotionen des Gegenübers für sich selbst einzuordnen und anschließend passend zu handeln. Dass man die Gefühle anderer Menschen erst erkennen muss, wird bei diesen Trainings stillschweigend vorausgesetzt. „Ich kenne keine Studie, die zeigen würde, dass sich auch dieser erste Schritt nachhaltig verbessern lässt“, sagt der Bonner Experte. Ob das möglich ist, könnte jetzt Thema einer weiteren Untersuchung werden.

Publikation: Momm, T.D.; Blickle, G.; Yongmei, L. et al.: It pays to have an eye for emotions: Emotion recognition ability indirectly predicts annual income. Journal of Organizational Behavior, DOI: 10.1002/job.1975

Einwandererkinder und ihre Aufstiegskarrieren im internationalen Vergleich

Sie sind erfolgreich im Beruf, haben eine Familie gegründet und den sozialen Aufstieg geschafft – und doch war es ein beschwerlicher Weg. Die erfolgreichen Nachkommen türkischer Einwanderer berichten im Rahmen der internationalen Studie der Universität Osnabrück »Pathways to Success« davon, wie sie oftmals von der Schule alleingelassen oder bei Bewerbungssituationen benachteiligt und diskriminiert wurden. Hochschulen und Schulen sind bislang nicht ausreichend auf den Umgang mit der zunehmenden gesellschaftlichen Vielfalt vorbereitet. Dadurch erhalten Einwandererkinder nicht die Starthilfe, die sie für den beruflichen Aufstieg benötigen. Die Stiftung Mercator hat das Projekt mit 365.000 Euro gefördert.

Das Institut für Migrationsforschung und Interkulturelle Studien (IMIS) an der Universität Osnabrück hat mit der Studie erstmals detaillierte Daten zu Erfolgsfaktoren und Hindernissen bei der Integration von Kindern türkischer Einwanderer erhoben und ausgewertet. Sehr viele Interviewpartner berichteten davon, dass ihre Schulen weder Interesse noch Glauben an ihre Talente zeigten. Neben der Eigenleistung gab oftmals die persönliche Hilfe einer Lehrerin oder eines Lehrers, eines Nachbarn oder der Eltern von Schulfreunden den entscheidenden Ausschlag für den Bildungserfolg. Häufig war der Erfolg also von Zufällen abhängig.

Immer noch schaffen es nur sehr wenige Kinder aus türkischstämmigen Arbeiterfamilien in Deutschland auf das Gymnasium – während dies in anderen EU-Staaten weit häufiger der Fall ist. Die Befragten haben überdurchschnittlich von Schulformen profitiert, die auf gesellschaftliche Integration aller sozialen Schichten ausgelegt sind – darunter vor allem Gesamtschulen. Dank der höheren Dichte von Gesamt- und Ganztagsschulen sind im Ruhrgebiet deutlich mehr Befragte auf die Universität oder Fachhochschule gelangt als beispielsweise in Berlin. »Die Gesamtschule ist für die untersuchte Gruppe eine gute Alternative zum Gymnasium. Sie ist durchlässiger, gleicht Startnachteile besser aus und kann dadurch Wegbereiter für den beruflichen Aufstieg sein«, sagt Prof. Dr. Andreas Pott, Projektleiter und Leiter des IMIS.

Die Studie zeigt außerdem, dass nach der schulischen Laufbahn häufig Vorurteile gegenüber Migranten den Übergang in die Arbeitswelt erschweren: Die Beteiligten berichten, dass der Migrationshintergrund immer wieder in Bewerbungssituationen im Vordergrund stand – sowohl in der freien Wirtschaft als auch im öffentlichen Dienst. Hier reichen die Beschreibungen von offen diskriminierender Behandlung bis zu vorurteilsbehafteten Äußerungen. »Besonders der öffentliche Dienst sollte hier Vorreiter sein für die stärkere interkulturelle Öffnung auch der Führungsetagen. Dazu gibt es eine Reihe von vielversprechenden Ansätzen, wie die Selbstverpflichtung auf Quoten für Menschen aus Nichtakademikerfamilien und/oder mit Zuwanderungsgeschichte vor allem bei der Vergabe von leitenden Stellen«, so Pott weiter.

Trotz Diskriminierungserfahrungen fühlen sich die meisten Interviewten in Deutschland und an ihrem Wohnort zuhause. Sie sind stolz auf den erreichten Bildungs- und beruflichen Erfolg, gleichzeitig sehen sie aber auch, dass ein vergleichbarer beruflicher Erfolg für die zweite – und auch die dritte – Generation in Deutschland bis heute mit erheblichen Hürden verbunden und keineswegs selbstverständlich ist. »Die Studie zeigt auf, dass selbst die zweite Generation türkischer Einwanderer mit Chancenungleichheit im Bildungssystem konfrontiert wird. Damit bestätigt sie die Dringlichkeit unserer Arbeit im Bereich Integration. Unser Ziel ist es, Diskriminierung und strukturelle Hürden im Bildungssystem nachhaltig abzubauen. Das ist wichtig, weil nur durch Bildung gesellschaftliche Teilhabe möglich wird«, sagt Dr. Wolfgang Rohe, Geschäftsführer der Stiftung Mercator.

Die wesentlichen Ergebnisse der Studie und politische Handlungsempfehlungen wurden in einem Policy Brief zusammengefasst. Weitere Informationen: http://www.imis.uni-osnabrueck.de/forschung/potentiale/pathways_to_success.html

Sind Übergewichtige anfälliger für Beeinflussung?

Lebensmittelwerbung im Fernsehen

(aid) – Lebensmittelwerbung im Fernsehen kann bei übergewichtigen Menschen Heißhunger auf Süßes und Fettiges auslösen und dadurch das Risiko für eine erhöhte Kalorienzufuhr steigern. Das lassen die Ergebnisse einer australischen Studie vermuten.

Ob Werbung in Zeitschriften, im Fernsehen oder im Supermarkt – in westlichen Ländern werden Menschen ständig mit dem Thema Essen konfrontiert. Häufig wird für fett- oder zuckerreiche Lebensmittel geworben, die einen geringen Nährwert haben. Ziel der Studie war zu untersuchen, ob Produktwerbung auch die Motivation zum Essen beeinflusst. Dazu hatten Wissenschaftler der Adelaide Universität zwei Versuche durchgeführt: Am ersten Experiment nahmen 160 normalgewichtige Studentinnen im Alter von 18 bis 44 Jahren teil, am zweiten Experiment 124 übergewichtige bzw. fettleibige Frauen (18 bis 64 Jahre).

Sie zeigten den Probandinnen Fernsehwerbung für Lebensmittel und andere Produkte. Anschließend sollten sie Wortstämme zu vollständigen Wörtern zusammensetzen. So konnten beispielsweise aus „BRE“ die englischen Wörter bread (Brot), breath (Atem) oder break (Pause) gebildet werden. Schließlich sollten die Frauen anhand einer Skala ihr Verlangen nach Essen einschätzen. Wenn die Teilnehmerinnen zuvor verschiedene Lebensmittelwerbungen gesehen hatten, bildeten sie in beiden Experimenten mehr nahrungsbezogene Wörter als Frauen in der Kontrollgruppe.

Übergewichtige und Fettleibige waren offenbar empfänglicher für die Fernsehspots: Sie formten mehr solche Wörter und hatten zusätzlich eine gesteigerte Esslust. Vermutlich lenkt die Werbung – oft spontan und unbewusst – Gedanken und Wahrnehmungen auf die Nahrungsaufnahme. Bei Menschen mit hohem Körpergewicht können diese Assoziationen Heißhunger auslösen und sie zu einer übermäßigen Nahrungsaufnahme motivieren, so die Wissenschaftler. Das ist deshalb bedenklich, weil Übergewichtige oft viel Zeit vor dem Fernseher verbringen und dadurch mehr Werbung konsumieren. Weitere Studien sollen folgen, um die Ergebnisse zu bekräftigen. Dabei wird wichtig sein, auch die Nahrungsaufnahme nach dem Werbekonsum zu bestimmen.

Heike Kreutz, www.aid.de

Weitere Informationen:

Psychology & Health, Bd. 29, Nr. 10, S. 1192-1205, 2014.
www.tandfonline.com/doi/full/10.1080/08870446.2014.918267#.VES4vhYgt3Q

aid-Heft „Der Kopf isst mit – Zusammenspiel zwischen Essen und Psyche“
Bestell-Nr. 3440,
www.aid.de/shop/shop_detail.php?bestellnr=3440

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Milch ist und bleibt gesund

Viel Wirbel verursachte eine schwedische Studie, veröffentlicht in einem britischen Journal(1), über die angeblich schädigende Wirkung von Milch. Während viele internationale Studien weltweit zum positiven Ergebnis kommen, dass Milch nicht nur ein schmackhaftes, sondern auch gesundes Lebensmittel ist, kommen die schwedischen Wissenschaftler auf Grund einer Untersuchung in nur drei schwedischen Landkreisen zu gegenteiligen Erkenntnissen.

Weltweit empfehlen führende Ernährungsgesellschaften den Verzehr von Milch und Milchprodukten im Rahmen einer ausgewogenen Ernährung. Die Ergebnisse der schwedischen Studie sollten in den wissenschaftlichen Kontext aufgenommen werden. Es ist gefährlich und unberechtigt, diese Ergebnisse als neue und einzige Wahrheit zu verkaufen und vor Milch zu warnen.

„Vereinfachte negative Schlüsse bergen die Gefahr von Fehlaussagen. Die Autoren verweisen selbst darauf, dass der Konsum von Milch und Milchprodukten der Osteoporose entgegenwirkt, nur dieses wird leider in den Zeitungskommentierungen eben nicht zitiert“, so Eckhard Heuser, Hauptgeschäftsführer des Milchindustrie-Verbandes, Berlin. „Und am Ende der Studie wird zudem deutlich gemacht, dass das Design der Studie nicht geeignet ist, Ernährungsempfehlungen abzuleiten. Was sollen wir davon halten, wenn die etablierte wissenschaftliche Meinung nur durch eine Studie in Frage gestellt wird, zumal diese aufgrund ihres Aufbaus keine ursächlichen Schlüsse zulässt?“.

(1) BMJ 2014;349:g6015 doi: 10.1136/bmj.g6015
„Milk intake and risk of mortality and fractures in women and men: cohort studies”

Quelle: http://www.milchindustrie.de

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