Produktvielfalt vermarkten

Dem Handel gute Argumente liefern

(aid) – Im Lebensmittelbereich entsteht gerade im Land der Discounter gelegentlich der Eindruck, dass Produktvielfalt schädlich sei. In der Landwirtschaft wird dementsprechend nach Ansicht von Professor Dr. Achim Spiller von der Universität Göttingen befürchtet, dass Standardware durch Produktvielfalt abqualifiziert werde. „Differenzierung führt nicht automatisch zu Diskriminierung“ so sein Credo anlässlich des Symposiums der Edmund-Rehwinkel-Stiftung in Berlin. Ein Beispiel dafür sei Weidemilch, die wegen der Vorstellung der Verbraucher von Rindern auf der Weide positiv bewertet und zum Teil besser bezahlt werde als Biomilch.

Die Aufgabe für alle Beteiligten in der Wertschöpfungskette besteht also darin, solche Verbraucherwünsche aktiv aufzugreifen, primär in der Vermarktung, aber auch in der Produktion. Beim Thema Weidemilch müsse man sich also die Frage stellen, wie Elemente des Weidegangs sinnvoll auch in neue Laufstallgebäude integriert werden können. Das genannte Beispiel zeigt auch, dass positive Attribute der Produktion gerne vom Handel aufgenommen werden. Negativ assoziierte Seiten der Landwirtschaft wie die Kastration von Ferkeln würden dagegen nicht beachtet, da sie keinen Ansatz für ein Erfolg versprechendes Marketing sind.

Produktdifferenzierung gibt es in anderen Branchen übrigens wesentlich stärker als im Lebensmittelbereich. Professor Dr. Ulrich Hamm von der Universität Kassel nannte als Beispiele die Automobilindustrie oder den Kosmetikbereich, in dem es eine sehr große Vielfalt an Marken und sich kaum unterscheidenden Artikeln gibt.

Mehr Vielfalt im Lebensmittelregal ist nach Ansicht von Spiller natürlich in erster Linie die Aufgabe der Handelsunternehmen. Der Handel habe Fleisch lange Zeit ausschließlich als Lockvogel-Angebot genutzt und allein eine Niedrigpreis-Strategie gefahren. Hier seien allerdings bereits Ansätze erkennbar, dass sich die Branchenkultur ändert. Spannend sei beispielsweise zu beobachten, wie der Handel das Thema Tierwohl kommunizieren wird.

Für die Landwirtschaft ist es wichtig, nicht nur gut zu produzieren, sondern dem Handel auch gute Argumente für den Verkauf in die Hand zu geben. Dazu gehört eine kontinuierliche Belieferung auch gemeinsam mit anderen Landwirten und an kleinere Abnehmer sicher zu stellen und damit die Spielräume der Produktdifferenzierung zu nutzen.
Dr. Martin Heil, www.aid.de

Bevölkerungswachstum und Hunger

Studie zieht Lehren aus Milleniums-Zielen

(aid) – Im Jahr 2000 hat sich die Weltgemeinschaft die sogenannten „Milleniumsziele“ als Jahrtausend-Meilensteine zur Entwicklung auferlegt. Bis zum Jahre 2015 – also jetzt – sollte beispielsweise der Hunger in der Welt halbiert werden. Dass dieses Ziel in manchen Regionen besser, in anderen aber viel schlechter erreicht wurde, erklärt eine neue Studie, die kürzlich in Washington D.C. vorgestellt wurde.

Ein zentraler Aspekt ist nach Forschungsergebnissen des Berlin Institutes und des Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen (UNFPA) das Bevölkerungswachstum. In Ostasien, wo das Bevölkerungswachstum zwischen 2000 und 2015 nur noch langsam verlief, seien Hunger, Armut und Krankheiten deutlich erfolgreicher bekämpft worden als in allen anderen Weltregionen. Diese Region sei damit zum Musterknaben in Sachen Millennium Development Goals (MDGs) geworden. Besonders große Probleme mitzuhalten hätten dagegen die Länder Subsahara-Afrikas und damit diejenigen mit den höchsten Zuwachsraten. Dazu habe nicht nur die Bevölkerungszunahme als solche beigetragen, sondern auch das Wachstum in bestimmten Altersgruppen. Besonders stark ist in Subsahara-Afrika die Gruppe der Kinder gewachsen. Weil sie kein eigenes Einkommen erzielten, kosten Kinder eine Gesellschaft während ihrer ersten Lebensjahre Geld.

Steigt ihre Zahl gegenüber der arbeitenden Bevölkerung stetig an, werden die pro Kind zur Verfügung stehenden Mittel immer knapper. Genau das ist zwischen 2000 und 2015 in den Ländern Subsahara-Afrikas geschehen.

Mit diesem Engpass lasse sich ein großer Teil ihres Misserfolgs bei den MDGs erklären. In Zukunft sollen die sogenannten SDGs (Sustainable Development Goals) an die Stelle der Millennium Development Goals aus dem Jahr 2000 treten. Diese „nachhaltigen Entwicklungsziele“, so die Studie, könnten aber nur dann erfolgreich sein, wenn die Bevölkerungsdaten eine Rolle spielten.

An der Formulierung der SDGs sind über 150 Länder und mehrere hundert Interessengruppen aus den unterschiedlichsten Bereichen beteiligt. Entsprechend heiß verlaufen die Debatten. Nach derzeitigem Stand werde sich die Zahl der Ziele mehr als verdoppeln – von 8 MDGs auf 17 SDGs. Die neue globale Entwicklungsagenda wäre damit deutlich breiter als ihre Vorgängerin und würde Themengebiete von Armut über nachhaltigen Konsum bis hin zum Klimawandel berühren.
Friederike Heidenhof aus Washington D.C., www.aid.de

Weitere Informationen:
www.berlin-institut.org/publikationen/Studien/consequential-omissions
SDGs:
https://sustainabledevelopment.un.org/topics/sustainabledevelopmentgoals

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