Schlagwort-Archiv: Jugendliche

Erziehung und Vorbild

(aid) – In Deutschland zeigen mehr als 20 Prozent der elf- bis 17-Jährigen Symptome einer Essstörung. Umso wichtiger ist es für die Eltern, sich ihrer Vorbildrolle bewusst zu werden, um ihren Kindern dauerhaft zu helfen.

Im Umgang miteinander sind emotionale Wärme, Wertschätzung und eine gute offene Kommunikation entscheidend. Um eine positive Entwicklung des Körperbildes zu fördern, ist es wichtig, den Wert des Kindes nicht am Aussehen festzumachen. Eltern erreichen das am besten damit, ihren Kindern unabhängig von Gewicht und Äußerlichkeiten, Liebe, Lob, körperliche Nähe und Anerkennung zu schenken. Daneben spielt das Essverhalten eine große Rolle bei der Prävention von Essstörungen. Der Familientisch sollte ein Ort der Gemeinsamkeit sein. Günstig ist es, wenn Eltern versuchen einen lustvollen Umgang mit Essen zu vermitteln und keinen Zwang ausüben.

Auch die körperliche Aktivität beeinflusst sowohl das Körpergefühl als auch das Wohlbefinden positiv. Um den Kindern Spaß an Bewegung zu vermitteln, können Eltern Spiel- und Bewegungsmöglichkeiten anbieten. Daneben ist die Begrenzung der Medienzeit ein entscheidender Faktor, um das Ess- und Bewegungsverhalten positiv zu beeinflussen. Entsprechende Regeln können Eltern gemeinsam mit dem Kind festlegen.

Ein förderlicher Umgang mit Stresssituationen ist ein relevanter Aspekt bei der Prävention von Essstörungen. Tägliche Rituale im Familienleben, zum Beispiel gemeinsame Mahlzeiten und Aktivitäten und eine Strukturierung des Tages schützen vor Stress. Wichtig sind auch genügend Schlaf- und Entspannungsphasen, ausgewogene Mahlzeiten und Bewegung an der frischen Luft. Eltern sollten sich bewusst sein, dass sie in allen Bereichen eine Vorbildfunktion für ihre Kinder haben.

Diplom-Pädagogin Lydia Lamers von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung und Dr. Lioba Hofmann fassen in der Fachzeitschrift „Ernährung im Fokus“ ihre Ergebnisse zur Rolle der Eltern zusammen: „Das Erziehungsverhalten allein wird eine Essstörung nicht verhindern können. Entscheidend ist aber das Wissen, dass das elterliche Tun die gesundheitliche Entwicklung der Kinder in gewissem Maß positiv beeinflussen kann.“
Annalena Wall, www.aid.de

Weitere Informationen:

Lesen Sie mehr über die Rolle der Eltern bei der Prävention von gestörtem Essverhalten in der Fachzeitschrift „Ernährung im Fokus“, Ausgabe 3-4/14.
www.aid.de/shop/shop_detail.php?bestellnr=5482

Aufblähen der Vorhaut beim Wasserlassen muss der Arzt abklären

Kommt es beim Wasserlassen bzw. Urinieren zu einer Aufblähung der Vorhaut und schmerzt es, liegt dies meist daran, dass der Urin durch die enge Vorhautöffnung nicht schnell genug austreten kann. „Dann sollten Eltern mit ihrem Kind zum Kinder- und Jugendarzt.

Ursache dieses Problems ist in vielen Fällen eine anhaltende Verklebung der Vorhaut. Die meisten neugeborenen Jungen haben eine ’natürliche‘ Vorhautverengung, die sich aber zwischen dem dritten und fünften Lebensjahr, jedoch spätestens bis zur Pubertät von alleine löst“, erklärt Dr. med. Bernhard Stier, Kinder- und Jugendarzt in Butzbach, der auch die Broschüre zur Penisgesundheit „Oh Mann, oh Mann :-( “ herausgegeben hat.

Weitere Anzeichen für eine Phimose sind ein Urinstrahl, der durch die Verengung sehr dünn ist oder nur tröpfelt, häufige Entzündungen der Vorhaut oder wenn die Penisspitze rot angeschwollen ist.
Wenn die Phimose in der Pubertät weiterhin besteht oder wenn medizinische Probleme auftreten, wird zunächst versucht, die Vorhaut durch eine vier- bis sechswöchige Salbenbehandlung mit Kortison- oder Östrogensalbe zu dehnen. „Dies gelingt bei etwa drei Viertel der Fälle. Hier sind jedoch Rückfälle möglich. Bleibt die Phimose bzw. tritt wieder auf, sollte sie unter lokaler Betäubung oder Vollnarkose durch eine vorhauterhaltende, plastische Operation behandelt werden, z.B. durch eine so genannte Triple Inzision“, verdeutlicht Dr. Stier, Experte des Berufsverbandes für Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) für Jungenmedizin.

Nur in ganz seltenen Ausnahmefällen ist eine vollständige Beschneidung (Zirkumzision) notwendig. Ziele der Behandlung sind die ungehinderte, normale Harnentleerung, eine problemlose Genitalhygiene sowie eine unbeeinträchtigte sexuelle Funktion.

Quelle: www.kinderaerzte-im-netz.de

(dvf, sy)

Jugendliche begreifen Gesundheit als Lifestyle

(aid) – Jugendliche ticken anders- und alle unterschiedlich. Zugegeben ist das nicht neu. Wer aber Maßnahmen in der Gesundheitsförderung für Jugendliche durchsetzen möchte, für den ist die Zielgruppenansprache sehr wichtig.

„Gesundheit wird von Jugendlichen im Kontext ihrer jeweiligen Lifestyles verortet“, so Dr. Beate Großegger vom Institut für Jugendkulturforschung und Kulturvermittlung, Wien im Rahmen des 18. Ernährungsforums der Rainer-Wild-Stiftung. Sie zeichnete abstrakte Bilder jugendlicher Gesundheitstypen, die das Verständnis des „Tickens“ erleichtern sollen. So könne differenziert werden in drei grobe Kategorien: Genussmenschen, Körperkapitalisten und selbsternannte Wohlfühltypen.

Für den Genussmenschen muss gesundes Leben Spaß machen, sonst verweigert er sich. Seine Philosophie sei „Do the right thing, but hang loose“. Lust und Unlust sind sein Antrieb bzw. seine Bremse. Gesundes Leben ist dann attraktiv und erstrebenswert, wenn es den Spaßfaktor akzentuiert.

Der Zugang des Körperkapitalisten zum Thema Gesundheit ist nutzenorientiert. „Er stählt seinen Körper in der „Mucki-Bude“ und wenn anschließend noch Zeit ist, folgt ein Besuch im Solarium“, so die Jugendforscherin. Disziplin, die in anderen Lebensbereichen schwer fällt, ist hier kein Thema. Mentale Gesundheit spiele für ihn keine Rolle. Sein „Body“ soll ihm Vorteile auf dem für ihn relevanten Ausbildungs-, Arbeits- und Beziehungsmärkten bringen.

Der selbsternannte Wohlfühltyp lässt sich nicht sagen, was für ihn gesund oder ungesund ist, so Großegger. Er entscheidet jeweils aus der Situation heraus. Den Wohlfühltypen charakterisiert, dass er nach emotionaler Ausgeglichenheit und dem für sich stimmigen Lebensstil sucht. Der Jugendliche dieser Kategorie sehe beides als Voraussetzung für sein körperliches Wohlbefinden.

Jugendliche sind für Gesundheit offenbar nur dann empfänglich, wenn Botschaften und Maßnahmen ihre subjektiven Theorien und mentalen Repräsentationen berücksichtigen. Gesundheit wird von ihnen unterschiedlich interpretiert und realisiert. Gesundheitsverhalten muss zum Lifestyle passen bzw. sich diesem unterordnen. Gesund leben muss Spaß machen und der szenetypischen Ästhetik entsprechen. Werden Jugendliche für Kampagnen, Maßnahmen und Botschaften als eine homogene Gruppe verstanden oder über einen Kamm geschoren, werde diesem Anspruch nicht Rechnung getragen und die Bemühungen hätten wenig Wirkung, resümiert Großegger.

Judith Bernitt, www.aid.de

Jugendliche erobern die Städte

Professor Dr. Rachid Ouaissa ist Mitherausgeber eines Sammelbandes über die arabische Jugend. (Foto: Holger Sauer)
Professor Dr. Rachid Ouaissa ist Mitherausgeber eines Sammelbandes über die arabische Jugend.
(Foto: Holger Sauer)

Arabische Jugendliche finden neue Formen der  des politischen Widerstands

Nach der „Arabellion“: Arabische Jugendliche finden neue Formen der Selbstbehauptung und des politischen Widerstands, die den Alltag in Städten Nordafrikas und des Nahen Ostens prägen. Was treibt die jungen Leute um, wie trotzen sie staatlichen Domestikationsversuchen? Ein Sammelband Marburger und Leipziger Sozialwissenschaftlerinnen und Sozialwissenschaftler bietet einen differenzierten Blick auf Jugendbewegungen von Kairo und Ramallah bis Algier und leuchtet das breite Spektrum des Jugendlichseins aus: „Jugendbewegungen. Städtischer Widerstand und Umbrüche in der arabischen Welt“, herausgegen von Rachid Ouaissa  und Jörg Gertel (transcript-Verlag Bielefeld 2014).

Seit dem „Arabischen Frühling“ erleben fast alle Länder zwischen Marokko und Syrien lokale Proteste, spontane Aufstände und Massendemonstrationen. Die arabischen Großstädte sind Orte, an denen junge Leute Widerstand und Protest gegen Ungerechtigkeit, Willkür, Armut und Ausgrenzung sichtbar machen. Denn, wie die Herausgeber in ihrem einleitenden Beitrag verdeutlichen, „gerade die Metropolen und Megacities des globalen Südens wie Kairo oder Istanbul zeichnen sich durch Problemballungen auf engstem Raum aus. Ungleichheit und Ausgrenzung werden auch für Jugendliche immer sichtbarer und erlebbarer.“

Aus welchen sozioökonomischen Bedingungen heraus agieren Jugendliche, wie verorten sie sich sozial und kulturell? Welche Handlungsspielräume können sie sich trotz aller wirtschaftlichen Zwänge und staatlicher Kontrolle im Alltag erkämpfen? Wie verändern Widerstand und Protest politische Ordnungen und Gesellschafts-entwürfe? Die Beiträge des Sammelbandes beschränken sich in ihren Antworten nicht allein auf die Massenbewegungen der jüngsten Vergangenheit. Widerstand, so formulieren die Herausgeber, ist weit mehr als nur das Zusammenkommen in großen Kundgebungen: „Alltag kann ohne Widerstand auskommen, doch Widerstand kann alltäglich werden.“

Ouaissa und Gertel sowie ihre Autorinnen und Autoren versammeln Stimmen von Jugendlichen, die bisher kaum gehört wurden. Der erste Teil des Bandes führt konzeptionell in die Themen Jugend, Widerstand und Stadtentwicklung ein. Darauf folgen Fallstudien: im zweiten Teil zu Nordafrika und im dritten Teil zum Nahen Osten. Diese Studien beruhen auf jahrelangen Feldforschungen und intensiven Gesprächen vor Ort.

So nimmt Jörg Gertel die Ursachen von Protestaktionen in Nordafrika und dem Nahen Osten in den Blick. Sie liegen, so argumentiert der Sozialgeograf, in neoliberaler Globalisierung, einer dramatischen Privatisierungswelle sowie wachsender Armut und Schutzlosigkeit.

Neben der Gentrifizierung der Städte und der Marginalisierung großer Teile der Bevölkerung kommt es aber auch zunehmend zur Aneignung des öffentlichen Raums durch entrechtete und benachteiligte Städterinnen und Städter, wie Asef Bayat in seinem Beitrag ausführt: Straßen, öffentliche Plätze und Grünanlagen werden als Räume für Arbeit, Freizeit und Gemeinschaftsleben genutzt. Nicht durch konzertierte politische Mobilisierung, sondern durch informelle Alltagspraktiken behaupten die Einwohnerinnen und Einwohner ihr Recht auf die Stadt und treiben die Eliten in den Schutz sicherheitsüberwachter und privatisierter Rückzugsräume.

Wie sind die empirischen Befunde zu bewerten? Jugendliche in der arabischen Welt, so schreiben die Herausgeber, „sind Akteure des Widerstands“. Sie sind besser gebildet als jemals zuvor, verfügen über eine Medienkompetenz wie keine andere soziale Gruppe und sind durch ihre wachsenden Englisch-Kenntnisse fähig, sich mit Ausländern zu vernetzen. Die junge Generation entwickle neue, auch subversive Partizipations-, Mobilisierungs-und Protestformen. „Einerseits sind es individuelle, private Träume und hedonistische Lebensentwürfe, um die Jugendliche ringen“, konstatieren Ouaissa und Gertel. „Andererseits scheint die Jugend auch kollektiven Idealen verpflichtet zu sein.“

Professor Dr. Rachid Ouaissa lehrt Politik des Nahen und Mittleren Ostens am Centrum für Nah- und Mittelost-Studien (CNMS) der Philipps-Universität, das die hessische Orientforschung bündelt. Er leitet ein interdisziplinäres Forschungsnetzwerk zur Neubewertung von Geschichte und Gegenwart des Mittleren Ostens und Nordafrikas, das vom Bundesforschungsministerium finanziert wird. Außerdem begleitet er mit seiner Arbeitsgruppe im Auftrag des Auswärtigen Amts den politischen Dialog mit gemäßigten islamistischen Parteien.

Professor Dr. Jörg Gertel studierte Geographie, Islamwissenschaft und Ethnologie in Marburg, Freiburg und Damaskus und hat an der Universität Leipzig den Lehrstuhl für Wirtschaftsgeographie und Globalisierungsforschung inne. Er war Sprecher des Sonderforschungsbereichs „Differenz und Integration“ (2007-2013).

Bibliografische Angaben: Jörg Gertel, Rachid Ouaissa (Hg.): Jugendbewegungen. Städtischer Widerstand und Umbrüche in der arabischen Welt, Bielefeld (transcript) 2014, ISBN 978-3-8376-2130-3, 400 Seiten, 19,99 Euro
Internet: http://www.transcript-verlag.de/978-3-8376-2130-3/jugendbewegungen

Quelle/Text/Redaktion: http://www.uni-marburg.de

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