Kategorie-Archiv: Wissen

Weder gesund noch krank?

Wie wahrscheinlich es ist, dass ein Mensch im Laufe seines Lebens an einer bestimmten Krankheit leiden wird, lässt sich dank moderner Medizin inzwischen berechnen. Doch gilt dieser Mensch dann bereits als krank, auch wenn die Krankheit noch gar nicht ausgebrochen ist? Wie beurteilen Krankenversicherungen solche Vorhersagen? Mit diesen Fragen beschäftigt sich ein bundesweites Forschungsvorhaben, an dem RUB-Juristen unter Leitung von Prof. Dr. Stefan Huster (Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Sozial- und Gesundheitsrecht und Rechtsphilosophie, Juristische Fakultät der Ruhr-Universität) beteiligt sind. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert das Projekt mit insgesamt 840.000 Euro über drei Jahre.

Prominenter Fall: Angelina Jolie

Als sich die Schauspielerin Angelina Jolie im vergangenen Jahr prophylaktisch beide Brüste abnehmen ließ, rief das ein großes Medienecho hervor: Jolie war nicht an Krebs erkrankt, warum also dieser radikale Schritt? Da ihre Mutter früh an Brustkrebs verstorben war, ließ sich Jolie auf bestimmte Genmutationen testen, die die Krankheit auslösen können. Das Resultat: Die Ärzte berechneten eine 87-prozentige Wahrscheinlichkeit an einem hereditären Mammakarzinom, so der Fachausdruck, zu erkranken. Eine beidseitige Amputation der Brüste minimierte das Risiko auf ca. fünf Prozent.

Müssen Kostenträger für vorbeugende Eingriffe zahlen?

Möglich gemacht hat eine solche Vorhersage die Systemmedizin. In diesem Ansatz erfassen Forscher molekulare sowie umwelt- und verhaltensbedingte Faktoren, um neue Therapieansätze und maßgeschneiderte Präventionsmaßnahmen zu entwickeln. Ärzte bringen beispielsweise molekularbiologische Ergebnisse mittels neuer informationstechnologischer Programme mit klinischen Daten zusammen und bestimmen so die individuellen genetischen Risiken für bestimmte Erkrankungen. Doch dieser technische Fortschritt bringt auch Probleme mit sich. Denn durch die Vorhersage, wie wahrscheinlich eine bestimmte Krankheit bei einem Menschen ausbricht, verschwimmen die Grenzen zwischen Gesundheit und Krankheit. Dies wirft auch für das Recht schwierige Fragen auf. Müssen etwa die Kostenträger derartige prophylaktische Maßnahmen bezahlen, auch wenn die Krankheit noch gar nicht ausgebrochen ist, sondern nur ein – wenn vielleicht auch hohes – Erkrankungsrisiko besteht?

Forscher entwickeln ein Rahmenkonzept

In dem Verbundforschungsprojekt „SYKON: Re-Konfiguration von Gesundheit und Krankheit. Ethische, psychosoziale, rechtliche und gesundheitsökonomische Herausforderungen der Systemmedizin“ soll ein Rahmenkonzept für den gesellschaftlichen Umgang mit systemmedizinischen Innovationen entwickelt werden. Neben den Bochumer Juristen sind an dem Projekt beteiligt: Ökonomen um Prof. Dr. Jürgen Wasem von der Universität Essen-Duisburg, Medizinerinnen und Psychologinnen um Prof. Dr. Rita Schmutzler vom Universitätsklinikum in Köln und Medizinethiker und Theologen um Prof. Dr. Peter Dabrock, Leiter des Verbundprojektes und Inhaber des Lehrstuhls für Systematische Theologie II (Ethik) an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU).

Quelle/Text/Redaktion: Meike Drießen (RUB)
Dezernat Hochschulkommunikation
Stand: 29.08.2014

Als Japan Deutschland den Krieg erklärte

Vor 100 Jahren, am 23. August 1914, erklärte Japan Deutschland den Krieg: Das Ereignis fand in der stark europazentrierten Erinnerung an den Ersten Weltkrieg bisher genauso wenig Beachtung wie die chinesische Kriegserklärung an Deutschland 1917 und ihre Folgen. Die Fakultät für Ostasienwissenschaften der RUB greift den Jahrestag auf, um mit internationalen Experten und Gästen die bisher eher nachrangig behandelte Dimension eines tatsächlichen Welt-Krieges zu beleuchten. Das Auswärtige Amt fördert die Tagung, die vom 5. bis 7. September in Bochum stattfindet.

Hunderte in japanischer Kriegsgefangenschaft

Der Deutsch-Japanische Krieg hatte vor 100 Jahren unmittelbare Konsequenzen für die Menschen in Deutschland, so auch in NRW bis hin zum Tagungsort Bochum. Einige hundert Soldaten aus Nordrhein-Westfalen gerieten in japanische Kriegsgefangenschaft, über 20 davon stammten aus Bochum. Dr. des. Jan Schmidt, der als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Sektion Geschichte Japans die Tagung organisiert, hat zusammen mit Studierenden genauer recherchiert. Ihre Ergebnisse präsentieren sie auf der Tagung in einer kleinen Begleitausstellung; zu sehen sind u.a. Fotoalben der Gefangenen mit Bildern aus ihren Jahren in Japan. Die Tagung wird verdeutlichen, wie stark diese heute vergessene Dimension des Krieges in der heimischen Propaganda der Jahre 1914 bis 1918 präsent war – etwa durch die weit verbreiteten antijapanischen Bildpostkarten in Deutschland, auf denen die Ostasiaten nun nicht mehr als Tiger (wie noch um 1904/05), sondern als Affen dargestellt wurden.

Die Rolle Chinas

Die eingeladenen Experten nehmen zugleich die Rolle Chinas in den Blick. Es sei zu erwarten, dass es zwischen März und Mai nächsten Jahres dazu kommt, dass die KP-Führung der Volksrepublik China die Ereignisse des Ersten Weltkriegs als „Waffe“ gegen Japan einsetzen wird, so Jan Schmidt. Dabei geht es sowohl um weiterhin umstrittene Inseln als auch allgemein um die politische und wirtschaftliche Vormachtstellung in dieser bedeutenden Weltregion. Die Tagung an der RUB versteht sich daher als Versuch der nüchternen Vermittlung im Vorfeld. „Dabei war es für die Einladung der wesentlichen Experten sehr hilfreich, dass Deutschland als Mittler und Wissenschaftsstandort in Ostasien einen hervorragenden Ruf genießt“, sagt Schmidt.

Zum ersten Mal „tief im Westen“

Zu Gast in Bochum sind japanische und chinesische Historiker, die bis dato noch nie oder nur sehr selten auf Kongressen „im Westen“ gesprochen haben. Ihre Beiträge werden ergänzt durch Vorträge von Kollegen aus Deutschland, Österreich und Großbritannien. Die Förderung durch das Auswärtige Amt ermöglicht das Simultandolmetschen der gesamten Tagung.

Programm im Internet

Interessierte Bürgerinnen und Bürger können an der Tagung oder auch an einzelnen Vorträgen teilnehmen. Wegen der geringen Zahl noch verfügbarer Plätze bitten die Veranstalter um vorherige Anmeldung per E-Mail bei Teelka Groeneveld (teelka.groeneveld@rub.de). Das ausführliche Programm der Tagung „Die ostasiatische Dimension des Ersten Weltkriegs: Der Deutsch-Japanische Krieg und China, 1914-1919“ steht im Internet unter: http://www.ruhr-uni-bochum.de/gj/aktivitaeten.html

Link:
Sektion Geschichte Japans – Fakultät für Ostasienwissenschaften der RUB

Quelle/Text/Redaktion: Jens Wylkop
Dezernat Hochschulkommunikation
Stand: 26.08.2014

Quinoa: Neue Sorten für den europäischen Markt

Einst eroberte eine unansehnliche Erdknolle unsere Äcker und Teller: die Kartoffel. Nun schickt sich eine weitere Kulturpflanze aus Südamerika an, zum Schlager in Europa zu werden: Quinoa – auf Deutsch die Reismelde. Sie gedeiht in Peru und Bolivien auch noch oberhalb von 4.000 Metern und ist schon lange nichts mehr nur für Zöliakie-Patienten, sondern avanciert zu einer köstlichen „Sättigungsbeilage“.

Niederländischen Wissenschaftlern der Universität Wageningen ist es nun gelungen, letzte Hürden zu überwinden, die bisher der Gunst der Verbraucher im Wege standen: der hohe Saponingehalt. Saponin ist ein bitterer Inhaltsstoff, der die Pflanze vor Schädlingen schützt und bisher nur durch Schälen und die weitere Verarbeitung reduziert werden konnte. Dank der Forschungen sind nun drei neue Sorten auf den Markt gebracht worden, die nicht mehr auf die Tageslichtlänge der Äquatorregion angewiesen und zudem frei von Bitterstoffen ist. Alleine in Frankreich wird Quinoa auf rund 20.000 Hektar angebaut und auch in den Niederlanden ist sie auf dem Vormarsch. Interessant sind die neuen Quinoa-Sorten auch für Baynahrung, für die herkömmliche Sorten bisher zu bitter waren.

Botanisch gesehen ist Quinoa kein Getreide und wird deshalb als Pseudogetreide bezeichnet. Es ist als Fuchsschwanz-Gewächs nah verwandt mit dem „Melde“ genannten „Weißen Gänsefuß“. Gegenüber dem lästigen Unkraut bringt Quinoa aber eher nützliche Eigenschaften mit: Durch seine Verträglichkeit gegenüber hohen Salzgehalten im Boden wird der Anbau auch dort möglich, wo landwirtschaftliche Nutzflächen wegen Versalzung, beispielsweise wurden, beispielsweise durch unsachgemäße Beregnung. Derzeit arbeiten die Wissenschaftler an weiteren günstigen Eigenschaften, wie eine erhöhte Widerstandsfähigkeit gegen Mehltau und eine rötliche Farbe, die die Verbraucher bereits von den süd-amerikanischen Sorten gewöhnt sind. Proteinreich und glutenfrei – Quinoa hat schon jetzt einen „Hip-Status“ erreicht.

Friederike Heidenhof, www.aid.de

Frauenanteil in der Wissenschaft steigt

Im Jahr 2012 standen 43 900 Professoren nur 9 000 Professorinnen gegenüber. „Somit waren 20 % der Professorenstellen an deutschen Hochschulen mit Frauen besetzt. Ein Zehnjahresvergleich der Strukturen zeigt allerdings eine deutliche Veränderung zugunsten der Frauen. Im Jahr 2002 hatte der Anteil lediglich 12 % betragen“, betonte Roderich Egeler, Präsident des Statistischen Bundesamtes (Destatis), am 30.07.2014 auf der Pressekonferenz „Auf dem Weg zur Gleichstellung? Bildung, Arbeit und Soziales – Unterschiede zwischen Frauen und Männern“.

Insgesamt zeigt sich an deutschen Hochschulen mit steigendem Qualifikationsniveau eine kontinuierliche Abnahme des Frauenanteils. Während etwa die Hälfte der Studienanfängerinnen und -anfänger und Absolventinnen und Absolventen 2012 weiblich waren, betrug der Anteil der Frauen bei Promotionen nur noch 45 % und bei Habilitationen 27 %.

Nicht nur an Hochschulen sind höhere Positionen selten mit Frauen besetzt: Auch in Unternehmen und in der öffentlichen Verwaltung sind Frauen in Führungspositionen unterrepräsentiert. Ihr Anteil lag im Jahr 2012 bei nur 29 %.

Der Verdienstunterschied zwischen Männern und Frauen ist in Deutschland – auch im europäischen Vergleich – nach wie vor hoch. Seit Beginn der Berechnung im Jahr 1995 lag der Unterschied bei den durchschnittlichen Bruttostundenverdiensten (Gender Pay Gap) beinahe unverändert bei über 20 %. Im Jahr 2013 betrug er 22 %.

Roderich Egeler ging auf eine Reihe weiterer Themen ein, die die unterschiedliche Situation von Frauen und Männern in Deutschland aus Sicht der Statistik beschreiben:

  • Die Familiengründung beziehungsweise das Betreuen von Kindern hat einen starken Einfluss auf die Erwerbstätigkeit von Frauen. Mütter mit einem Kind unter 3 Jahren, waren im Jahr 2012 nur zu 32 % aktiv erwerbstätig. Mit steigendem Alter des Kindes steigt auch die Erwerbsbeteiligung der Mütter. Bei Vätern lag die Erwerbstätigenquote unabhängig vom Alter des Kindes konstant zwischen 82 % und 85 %.
  • Mütter schränken den Umfang der Erwerbstätigkeit häufiger ein als Väter: 2012 arbeiteten 69 % der erwerbstätigen Mütter mit einem minderjährigen Kind in Teilzeit, aber nur 6 % der Väter. Die Gründe dafür sind unterschiedlich: 81 % der in Teilzeit tätigen Mütter reduzieren ihre Arbeitszeit aus persönlichen oder familiären Gründen, Väter hingegen hauptsächlich, weil keine Vollzeittätigkeit zu finden war (39 %).
  • Die Kinderbetreuung liegt fest in den Händen der Mütter: Bei 96 % der in 2012 geborenen Kinder hat die Mutter Elterngeld bezogen. Dagegen nahm nur bei 29 % dieser Kinder der Vater Elterngeld in Anspruch. Allerdings ist der Anteil der Väter in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen; für im Jahr 2009 geborene Kinder hatte die Väterbeteiligung noch bei 24 % gelegen. Väter beziehen zwar immer häufiger Elterngeld, aber zunehmend kürzer: Für im Jahr 2009 geborene Kinder lag die durchschnittliche Bezugsdauer bei 3,5 Monaten, im Jahr 2012 nur noch bei 3,2 Monaten.
  • Auch der Sozialindikator zur Armut oder sozialen Ausgrenzung der Bevölkerung zeigt Unterschiede zwischen den Geschlechtern auf. Im Jahr 2012 waren in Deutschland 21,5 % der Frauen ab 18 Jahren und nur 18,2 % der Männer arm oder sozial ausgegrenzt.
  • Die geringere Erwerbsbeteiligung und die geringeren Einkommen von Frauen führen im Rentenalter dazu, dass alleinlebende Frauen öfter mit einem Nettoeinkommen unter 900 Euro auskommen müssen. Dies betraf im Jahr 2012 ein Viertel (25 %) der Frauen ab 65 Jahren und nur 16 % der Männer.

Quelle/Text: Statistisches Bundesamt, www.destatis.de

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