Der Tannenbaum

Die Nordmann-Tanne ist als Weihnachtsbaum sehr beliebt. Foto: Dr. W. Lobin/Uni Bonn
Die Nordmann-Tanne ist als Weihnachtsbaum sehr beliebt. Foto: Dr. W. Lobin/Uni Bonn

Wenn es Dezember wird, rückt eine Pflanze besonders in unser Interesse: der Weihnachtsbaum. Jeder stellt ihn zwar in die „Gute Stube“, aber um welche Art handelt es sich eigentlich? Traditionsgemäß wird der Weihnachtsbaum als Tannenbaum bezeichnet und viele glauben, dass es sich dabei um unsere einheimische Weiß-Tanne (Abies alba) handelt. Dies stimmt aber in den meisten Fällen nicht. Häufig ist es unsere einheimische Fichte (Picea abies) und seit vielen Jahren und mit zunehmender Tendenz die Kaukasus- oder Nordmann-Tanne (Abies nordmanniana). Die Botanischen Gärten der Universität Bonn hat diesen Weihnachtsbaum im Dezember zur Pflanze des Monats erhoben.

Fichten und Tannen lassen sich leicht unterscheiden, die Zapfen der Tannen stehen aufrecht und verlieren ihre Samenschuppen einzeln, sodass an den Bäumen die Spindel stehen bleibt. Fichten lassen ihre Zapfen als Ganzes abfallen, sodass es sich bei den „Tannenzapfen“, die bei uns bei Waldspaziergängen findet, immer um Zapfen der Fichten handelt.

Benannt ist die nach dem finnischen Botaniker Alexander von Nordmann (1803−1866). Die Art kommt im westlichen Kaukasus und in der Nordosttürkei vor. Im West-Kaukasus ist sie ein wichtiges Element der Bergwälder, alte Exemplare können über 50 Meter hoch werden. Sie tritt in Höhen von 900 bis 2.000 Metern auf und wächst zusammen mit der Kaukasus-Fichte (Picea orientalis) und der Orient-Buche (Fagus orientalis). Zur Beliebtheit der Nordmann-Tanne als Weihnachtsbaum trägt ihr regelmäßiger Wuchs, ihre dichte Verzweigung und die Tatsache bei, dass er verhältnismäßig spät zu nadeln beginnt.

Ein schönes Exemplar der Nordmann-Tanne steht im Botanischen Garten am Poppelsdorfer Schloss jenseits des Poppelsdorfer Weihers. Es wurde 1971 gepflanzt und ist 20 Meter hoch.

Weitere Informationen:
http://www.botgart.uni-bonn.de

Quelle/Text/Redaktion: uni-bonn.de
Pressemitteilung vom 26.11.2010

 

Warum die Christen Weihnachten feiern

Das Weihnachtfest entstand erst mehr als 300 Jahre nach der Geburt Jesu “ warum, ist bis heute nicht endgültig geklärt. Ein Theologe der Universität Bonn hat nun neue Erkenntnisse zu dieser alten Frage vorgelegt.

Im frühen Christentum war es nicht üblich, dass man Geburtstage feierte, galten sie doch als Beginn des sündigen Erdenlebens. Und selbst wenn man die Geburt Jesu hätte feiern wollen: Wann hätte man das tun sollen? „Wir wissen bis heute nicht genau, wann Jesus zur Welt kam“, erklärt Professor Dr. Wolfram Kinzig. Sogar zum Geburtsjahr gebe es widersprüchliche Informationen, sagt der Bonner Kirchenhistoriker: „Laut Lukasevangelium ist Jesus zur Zeit Herodes’ des Großen geboren. Damals sei Quirinius Statthalter in Syrien gewesen. Herodes starb aber nachweislich im Jahr 4 vor Christus, und Quirinius trat sein Amt erst 6 nach Christus an. Es klafft also eine Lücke von zehn Jahren!“

Ohnehin kennen andere Großreligionen kein ähnliches Fest: Das Judentum begeht weder die Geburt Moses noch den Tag, als Abraham das Licht der Welt erblickte. Viele Muslime feiern zwar die Geburt des Propheten, doch ist dieser Brauch hoch umstritten. Und auch die Christen begannen erstaunlicherweise erst um die Mitte des vierten Jahrhunderts, der Menschwerdung Gottes mit einem Fest zu gedenken “ wieso? „Zum Einen standen dahinter sicher politische Gründe“, erläutert Kinzig. „Das Weihnachtsfest dürfte in Rom während der Herrschaft Konstantins des Großen entstanden sein. Von dort ‚exportierte’ man es später in alle Welt, um den Einfluss des römischen Bischofs auszudehnen.“ Andererseits sei Weihnachten aber auch Teil des Versuchs, den Inhalt des Glaubensbekenntnisses im Kirchenjahr durch wichtige Feste abzubilden. Nicht von ungefähr hätten sich Ostern, Himmelfahrt und Pfingsten in ihrer heutigen Form etwa parallel zum Weihnachtsfest entwickelt.

Und warum wird Weihnachten gerade am 25.12. gefeiert? Das dürfte unter anderem mit dem Sonnenkult zusammen hängen, der im Römischen Reich im dritten Jahrhundert nach Christus zum Staatskult aufstieg. Damals begann man auch, die Wintersonnenwende in Rom mit einem großen Fest zu feiern “ und zwar am 25.12 (heute fällt die Wintersonnenwende übrigens auf den 21. oder 22.12.; die Datumsverschiebung ist auf Kalenderungenauigkeiten zurück zu führen). Schon vor gut 100 Jahren hatte der Bonner Philologe Hermann Usener daher die These aufgestellt, die Kirche habe das Weihnachtsfest bewusst auf diesen Termin gelegt, um das heidnische Fest zu verdrängen.

„Ob es wirklich so war, ist bis heute umstritten“, erklärt Professor Kinzig. „Klar ist aber, dass sich seit dem vierten Jahrhundert die Sonnensymbolik auch in christlichen Quellen wiederfindet: Die Kirchenväter verglichen die Geburt Jesu in ihren Weihnachtspredigten beispielsweise mit der Geburt der neuen, wieder zunehmenden Sonne. Ein Zusammenhang mit den heidnischen Feiern zur Wintersonnenwende scheint also zumindest sehr plausibel.“

Um die Entstehung des Weihnachtsfestes, aber auch um andere Themen geht es vom 2. bis 5. Januar auch auf einer Konferenz der Patristischen Arbeitsgemeinschaft an der Universität Bonn. Professor Kinzig hat zu der Veranstaltung unter dem Thema „Liturgie und Ritual in der Alten Kirche“ eingeladen. Die Teilnehmer kommen unter anderem aus den USA, Australien, Großbritannien und Dänemark, darunter zahlreiche Rednerinnen und Redner anderer Konfessionen.

Die Patristische Arbeitsgemeinschaft (Patristik = Kirchenväterkunde) ist ein Zusammenschluss evangelischer Kirchenhistoriker aus Deutschland, Österreich, der Schweiz und den Niederlanden. Ihre Mitglieder erforschen die Geschichte des Christentums der ersten fünf Jahrhunderte.

Quelle/Text/Redaktion: uni-bonn.de
Pressemitteilung vom 18.12.2008

Die teuerste Petersilie der Welt

Im Labor: Maike Gleichenhagen von der Universität Bonn mit den teuersten und schwersten Kräutern der Welt. (c) Foto: Benno Zimmermann/Uni Bonn
Im Labor:
Maike Gleichenhagen von der Universität Bonn mit den teuersten und schwersten Kräutern der Welt. (c) Foto: Benno Zimmermann/Uni Bonn

Trüffeln und Kaviar sind extrem teure Speisen. Wissenschaftler der Universität Bonn und des Forschungszentrums Jülich toppen nun diese Luxusgüter. Sie haben Petersilie, Spinat und Pfefferminze mit einem Kilopreis von annähernd 50.000 Euro kultiviert. (Pressemitteilung vom 14.11.2011). Was die Kräuter so kostenintensiv und gewichtig macht, ist eine chemische Markierung mit dem schwereren Isotop 13C. Die Forscher wollen damit testen, ob die in den Pflanzen enthaltenen Flavonoide im Körper von Probanden tatsächlich die ihnen zugesprochene Schutzwirkung entfalten.

Wenn Maike Gleichenhagen das Wachstum der jungen Petersilie-, Spinat- und Pfefferminzpflänzchen prüft, dauert die Stippvisite nur wenige Sekunden. Der Grund: Sie muss die Luft anhalten, denn das Kohlendioxid beim Ausatmen würde das Experiment verfälschen. Die Doktorandin am Institut für Ernährungs- und Lebensmittelwissenschaften der Universität Bonn kultiviert die Kräuter zusammen mit Prof. Dr. Ingar Janzik in einer speziellen Klimakammer des Instituts für Pflanzenwissenschaften in Jülich. Diese Klimakammer wurde dort vom Pflanzenwissenschaftler Dr. Siegfried Jahnke speziell an die Notwendigkeiten dieser „schweren“ Anzucht angepasst. „Hier ist es möglich, die Kräuter mit markiertem Kohlendioxid zu begasen, das die Pflanzen über die Fotosynthese aufnehmen und einbauen“, berichtet Gleichenhagen.

Aus einer Gasflasche strömt kontrolliert Kohlendioxid in die Klimakammer, das nicht den in der Atmosphäre überwiegend vorkommenden Kohlenstoff 12C, sondern das viel seltenere, schwerere Isotop 13C enthält. „Auch dieser `schwere´ Kohlenstoff kommt natürlicherweise vor, hat in der Natur aber am Kohlenstoff nur einen Anteil von etwa einem Prozent“, sagt Prof. Janzik vom Institut für Pflanzenwissenschaften (IBG-2) des Forschungszentrums Jülich. „Das ist das Besondere an dem Versuch: Eine Flasche von dem gasförmigen `Dünger´ kostet rund 100.000 Euro“, sagt Lebensmittelchemiker Prof. Dr. Rudolf Galensa, der an der Universität Bonn die Doktorarbeit im Projekt „PhytoFuN“ (Phyto Functional Nutrition) betreut. Neben den Anteilen der beteiligten Institute werden die Kosten weitgehend vom Deutschen Stiftungszentrum (Stiftungsfonds Unilever) und von der Landwirtschaftlichen Fakultät der Universität Bonn getragen.

Schützen Flavonoide wirklich vor Krankheiten?

Besonders haben es die Wissenschaftler auf die begehrten Flavonoide abgesehen, die in Pflanzen nur in einem Promilleanteil vorkommen. „In Petersilie, Spinat und Pfefferminze liegen sie aber in vergleichsweise hohen Gehalten vor“, sagt Dr. Benno Zimmermann, wissenschaftlicher Mitarbeiter in Galensas Team. Den Flavonoiden wird eine antioxidative Wirkung zugeschrieben – sie sollen unter anderem vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie Krebs schützen. „Das ist aber noch nicht zweifelsfrei bewiesen“, stellt Prof. Galensa fest.

Deshalb wollen die Wissenschaftler aus den schweren 13C-markierten Pflanzen die Flavonoide isolieren und Probanden in die Nahrung gemischt zum Verzehr verabreichen. „Dann können wir zum Beispiel anhand von Blutproben den Verbleib der Flavonoide im Körper nachvollziehen“, berichtet Professor Dr. Peter Stehle, Ernährungswissenschaftler an der Universität Bonn. Wenn die Wissenschaftler Stoffwechselprodukte mit 13C finden, muss es aus den markierten Flavonoiden stammen. „Das Kohlenstoffisotop 13C ist für die Testpersonen vollkommen ungefährlich, es ist weder radioaktiv noch giftig – eben nur ein bisschen schwerer“, sagt Prof. Galensa.

Erfolgreiche Anzucht der markierten Küchenkräuter

Die Anzucht der Pflanzen verlief nach Plan. „Die Kräuter gedeihen gut“, sagt Maike Gleichenhagen nach mehreren Wochen der Kultivierung in der Jülicher Klimakammer. „Die Vorversuche zur Sortenwahl am Institut für Gartenbauwissenschaften von Prof. Dr. Georg Noga haben dazu entscheidend beigetragen.“ Etwas mehr als zwei Kilo an Grünsubstanz konnte die Doktorandin inzwischen ernten. Die Pflanzen haben auch bevorzugt den markierten Kohlenstoff eingebaut. „Die Analysen zeigen, dass der Anteil von 13C in den Flavonoiden deutlich mehr als 90 Prozent beträgt“, berichtet Dr. Zimmermann. „Das reicht aus, um den Weg dieser Stoffe im Körper der Probanden zurückverfolgen zu können.“ Diese Messungen bestätigte auch Dr. Markus Boner von der TÜV Rheinland Agroisolab GmbH mittels Isotopenmassenspektrometrie.

Anfang 2012 sollen dann die Tests mit den Probanden beginnen. „Sie bekommen die markierten und extrahierten Flavonoide in üblichen Speisen – zum Beispiel als Pfefferminztee – gereicht“, sagt Prof. Stehle. Erste Analyseergebnisse werden vermutlich Mitte 2012 vorliegen. Aufgrund der beschränkten Mengen wird zunächst nur eine kleinere Anzahl von Probanden die teuersten und schwersten Kräuter der Welt verzehren dürfen. Doch die Wissenschaftler planen bereits jetzt eine Ausweitung der Tests. „Wir wollen zunächst zeigen, dass das Prinzip funktioniert“, berichtet Prof. Galensa. „Dann werden wir weitere Fördermittel beantragen – denn in den Flavonoiden stecken noch viele Geheimnisse.“

Quelle/Text/Redaktion: uni-bonn.de

Die steinzeitlichen Wurzeln der Schriftzeichen

Prof. Dr. Ludwig Morenz, Ägyptologe an der Universität Bonn: Das Bild auf dem Computerschirm zeigt ein frühneolithisches Zeichentäfelchen mit den Elementen Hand und Schlange. (c) Foto: Barbara Frommann/Uni Bonn
Prof. Dr. Ludwig Morenz,
Ägyptologe an der Universität Bonn: Das Bild auf dem Computerschirm zeigt ein frühneolithisches Zeichentäfelchen mit den Elementen Hand und Schlange. (c) Foto: Barbara Frommann/Uni Bonn

Bereits vor 12.000 Jahren erschufen Steinzeitmenschen auf dem Berg Göbekli Tepe in der heutigen Türkei ein Höhenheiligtum, das sich einer entwickelten Bildsprache bediente. Prof. Dr. Ludwig Morenz, Ägyptologe an der Universität Bonn, stellt in seinem Buch dar, wie diese frühen Vorläufer der Schriftzeichen zu einer kulturellen Revolution im Denken und Handeln der Menschen führte.

Seit Urzeiten hat sich der Mensch für die Nachwelt verewigt: Vor Jahrzehntausenden hinterließen eiszeitliche Jäger ihre Höhlenmalereien. Über abstrakte Bildzeichen ging die Entwicklung allmählich weiter bis zur Schrift. Bereits vor mehr als 5.000 Jahren verwendeten die Altägypter Hieroglyphen als älteste Schriftzeichen. „Wie sich abstrakte Bildzeichen in Schriftzeichen wandelten, lag lange weitgehend im Dunkeln“, sagt Prof. Dr. Ludwig Morenz von der Abteilung für Ägyptologie der Universität Bonn.

Mit den Grabungen des Deutschen Archäologischen Instituts unter der Leitung von Prof. Dr. Klaus Schmidt von der Universität Erlangen-Nürnberg auf dem Berg Göbekli Tepe in Südanatolien kam ein steinzeitliches Heiligtum zum Vorschein. Nahe der heutigen türkischen Stadt Sanliurfa – dem antiken Edessa – errichteten Menschen gegen Ende der Eiszeit vor rund 12.000 Jahren mehrere monumentale Ringanlagen, die von T-förmigen, aus Kalkstein gefertigten Pfeilern beherrscht werden.

Fehlendes Bindeglied zwischen Bildern und Schrift

„Das Höhenheiligtum ist so etwas wie das fehlende Bindeglied zwischen Bildern und den ersten Schriftzeichen“, sagt Prof. Morenz, der zusammen mit Prof. Schmidt mehrere Jahre lang die in Göbekli Tepe entdeckten frühneolithischen Zeichen untersuchte. „Sie erlauben neue Einsichten in historische Tiefen der menschlichen Kommunikation.“ Häufig finden sich auf den T-Pfeilern in Flachreliefen dargestellte Tiere, darunter Schlangen, Skorpione, Füchse, Kraniche, Gazellen und Wildesel. Außerdem gibt es stärker abstrahierte Zeichen wie Tiere, Hände oder die Kombination aus Mondscheibe und -sichel.

„Es handelt sich dabei um einen Sprung in eine neue mediale Welt“, sagt der Experte für Bildersprache und Zeichentheorie. Immerhin sei diese frühe Form der Bildzeichen mehr als doppelt so alt wie die ältesten Schriftzeichen der Altägypter. Zum Ende der Eiszeit wurden Grundlagen gelegt, auf denen die spätere kulturelle Revolution aufbauen konnte. Prof. Morenz: „Göbekli Tepe steht für die Entwicklung von reinen Bildern zur Kodierung von darüber hinaus gehender Bedeutung.“ Während es sich bei der Darstellung eines Stieres etwa in der Höhle von Altamira in Spanien um das direkte Abbild des Tieres handelt, sei ein Stierkopf in dem Höhenheiligtum der Türkei von der primären Bildbedeutung losgelöst als abstraktes Symbol für eine Gottheit zu verstehen.

Bereits vor 12.000 Jahren gab es ein einheitliches Zeichensystem

Der Ägyptologe der Universität Bonn untermauert seine These mit der Tatsache, dass insgesamt rund 20 verschiedene Bildzeichen in ähnlicher Form auch noch in anderen frühneolithischen Fundorten im Umkreis von 150 Kilometern um das Höhenheiligtum Göbekli Tepe herum entdeckt wurden. In dieser fruchtbaren Landschaft zwischen den Oberläufen von Euphrat und Tigris wurden Menschen früh sesshaft. Sie teilten in den verschiedenen Siedlungen mit leichten Abwandlungen die gleichen Bildzeichen. „Das kann kein Zufall sein, die Menschen dieses Kulturraumes müssen sich auf ein einheitliches Zeichensystem geeinigt haben“, ist Prof. Morenz überzeugt.

Die Bildzeichen könnten gleichzeitig mehrere Bedeutungen haben: Ein Schlange stehe einerseits für Bedrohung, könne aber auch als Zeichen für etwas Abwesendes verstanden werden – weil der Abdruck der Schlange im Sand verbleibt, wenn das Tier längst weitergezogen ist. Das Abbild einer abstrahierten Hand lasse sich als Geste – etwa von Abwehr – interpretieren. Manche Zeichen waren in kleine, flache Steine geritzt – quasi als „Heiligtum für die Hosentasche“. „Bei dieser frühen Bildsprache handelt es sich aber noch um keine Schriftzeichen“, stellt Prof. Morenz fest. Schriftzeichen seien noch einmal deutlich differenzierter und umfassten auch die lautliche Dimension, das heißt wie ein bestimmtes Zeichen ausgesprochen wird.

Göbekli Tepe zeigt nach den Untersuchungen des Ägyptologen eindrücklich, wie komplex und spezialisiert bereits die steinzeitliche Gesellschaft vor rund 12.000 Jahren war. „Der Gebrauch von Sprache, Hand und Hirn gingen mit einander einher“, sagt Prof. Morenz. In dem Maß, wie sich die Menschen damals mit großem handwerklichen und intellektuellem Geschick eine abstrakte Bildsprache schufen, drangen sie jenseits der Herausforderungen des Alltags in religiöse Sphären vor und stellten sich bereits den Grundfragen der Menschheit nach dem Jenseits. „Es handelt sich um den Beginn der medialen Entwicklung und um den Aufbruch in neue Denkräume“, sagt Prof. Morenz.

Publikation: Ludwig D. Morenz: Medienevolution und die Gewinnung neuer Denkräume. Das frühneolithische Zeichensystem (10./9. Jt. v. Chr.) und seine Folgen, Studia Euphratica, Bd. 1, EB-Verlag Berlin, 294 S., 58 Euro.

Quelle/Text/Redaktion: uni-bonn.de

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