Süße neugierige Katzen
Das Landgericht Bremen hat einen gelernten Fleischer aus Bremerhaven wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von elf Jahren verurteilt. Nach den Feststellungen des Schwurgerichts hatte der zur Tatzeit 47-jährige Angeklagte im Februar 2013 seine 66-jährige Nachbarin in ihrer Wohnung mit Tritten oder Schlägen gegen Kopf und Hals erheblich verletzt und sie anschließend am Unterleib äußerst massiv misshandelt. Das Opfer verstarb noch in der Nacht an schwersten inneren Verletzungen.
Das Landgericht vermochte ein Motiv für die Tat, vor allem eine sexuelle Motivation nicht festzustellen. Unter anderem aus diesem Grund sah es Mordmerkmale sowie die Voraussetzungen einer Sexualstraftat als nicht gegeben an. Eine verminderte Schuldfähigkeit des Angeklagten aufgrund Alkoholisierung vermochte es nicht auszuschließen. Schuldmindernde psychische Störungen wurden hingegen verneint. Damit schied auch eine Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankhaus aus.
Der 5. (Leipziger) Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die Revision der Staatsanwaltschaft das Urteil aufgehoben und die Sache an eine andere Schwurgerichtskammer des Landgerichts zurückverwiesen, da die Ablehnung von Mordmerkmalen und die Verneinung eines Sexualdelikts mit Todesfolge rechtsfehlerhaft waren. Ferner war die Bewertung zur Schuldfähigkeit des Angeklagten unvollständig; das neue Tatgericht wird danach auch eine Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus näher in den Blick nehmen müssen. Die Revision des Angeklagten hat der Senat verworfen.
Urteil vom 22. Oktober 2014 – 5 StR 380/14
LG Bremen – Urteil vom 7. Februar 2014 – 22 Ks 912 Js 7012/13
Karlsruhe, den 22. Oktober 2014
Quelle/Text/Redaktion: Pressestelle des Bundesgerichtshofs
Der Bundesgerichtshof hat am 22.10.2014 in einer Entscheidung mit der Frage beschäftigt, ob dem Futtermittelverkäufer durch die in § 24 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuchs* angeordnete Gewähr für die „handelsübliche Unverdorbenheit und Reinheit“ eine verschuldensunabhängige Haftung für verunreinigtes Futtermittel auferlegt wird und ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen der Verkäufer auch für Schäden des Futtermittelkäufers haftet, die darauf beruhen, dass lediglich der Verdacht einer entsprechenden Verunreinigung des Futtermittels besteht.
Die Klägerin, eine Futtermittelherstellerin, belieferte den Beklagten im November 2010 mit Futtermitteln für seine Legehennenanlage. Bei einer Untersuchung anderer im selben Zeitraum hergestellter Futtermittel stellte die Klägerin eine Überschreitung der zulässigen Dioxinkonzentration fest, die sich auf eine Verunreinigung von zugekauften und von ihr verarbeiteten Fetten zurückführen ließ. Als das Ergebnis der Untersuchung Ende Dezember 2010 vorlag, hatte der Beklagte das gelieferte Futter bereits verfüttert. Über den Jahreswechsel 2010/2011 wurden zwei Ställe des Beklagten von dem zuständigen Landrat gesperrt.
Die Klägerin erstattete dem Beklagten zwar den Schaden, der durch die Entsorgung der während der Handelssperre produzierten Eier entstand, nicht jedoch Umsatzeinbußen in Höhe von 43.438,29 €, zu denen es kam, weil auch nach Aufhebung der Handelssperre produzierte Eier nicht oder nur zu einem geringeren Preis vermarktet werden konnten. Mit ihrer Klage verlangt die Klägerin für andere – mangelfreie – Futtermittellieferungen Zahlung des Kaufpreises in Höhe von 20.067,68 €. Der Beklagte macht geltend, dass die Kaufpreisforderung durch Aufrechnung mit einem Schadensersatzanspruch wegen der Umsatzeinbußen erloschen sei, und macht den weitergehenden Betrag im Wege der Widerklage geltend.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und die Klägerin auf die Widerklage zur Zahlung von 23.370,61 € verurteilt. Die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin ist erfolglos geblieben. Die Vorinstanzen sind der Auffassung gewesen, dass der Futtermittelverkäufer schon dann – ohne Rücksicht auf ein Verschulden – für einen Schaden des Käufers einzustehen habe, wenn der auf konkrete Tatsachen gestützte Verdacht einer Verunreinigung bestehe. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Zahlungsanspruch und ihren auf Abweisung der Widerklage gerichteten Antrag weiter.
Die Revision hatte Erfolg und führte zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Der unter anderem für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass der Verkäufer zwar für Schäden, die dem Futtermittelkäufer infolge einer tatsächlichen Überschreitung der zulässigen Dioxinkonzentration im Futtermittel entstanden sind, gemäß § 280 Abs. 1 BGB, § 24 LFGB (aF) verschuldensunabhängig haftet. Eine solche Haftung verwirklicht das Ziel des Gesetzgebers, die Rechte eines Futtermittelkäufers gegenüber der verschuldensabhängigen kaufrechtlichen Sachmängelhaftung zu stärken, um unzulässige Belastungen von Futtermitteln als erstes Glied der Lebensmittelkette schon auf der ersten Produktionsstufe zu vermeiden und Futtermittelunternehmer auf diese Weise zu veranlassen, auch die Qualität ihrer rückwärtigen Lieferkette zu sichern.
Die verschuldensunabhängige Haftung verletzt den Veräußerer des Futtermittels weder in seiner Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) noch verstößt sie gegen das allgemeine Gleichheitsgebot (Art. 3 Abs. 1 GG). Eine tatsächliche Belastung des im vorliegenden Fall gelieferten Futtermittels mit Dioxin hat das Berufungsgericht jedoch bislang nicht festgestellt.
Dagegen hat die Klägerin für Schäden, die lediglich aufgrund des Verdachts einer unzulässigen Dioxinverunreinigung des Futtermittels entstanden sind, nur nach allgemeinen Grundsätzen gemäß § 434 Abs. 1, § 437 Nr. 3, § 280 Abs. 1 BGB** einzustehen. Der auf konkrete Tatsachen gestützte, naheliegende und durch zumutbare Maßnahmen nicht zu beseitigende Verdacht einer unzulässigen Verunreinigung stellt zwar, wie die Vorinstanzen zutreffend angenommen haben, einen Sachmangel der gelieferten Futtermittel dar, wenn die unter Einsatz des Futtermittels produzierten Lebensmittel (hier: Eier) aufgrund des Verdachts unverkäuflich werden.
Für Schäden, die hierdurch entstehen, haftet der Verkäufer jedoch nur, wenn er den in dem Verdacht liegenden Mangel zu vertreten hat. Sein Verschulden wird gemäß § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB vermutet; die Vermutung kann allerdings widerlegt werden. Die verschuldensunabhängige Haftung gemäß § 24 LFGB (a.F.) greift im Falle eines bloßen Verdachts auf eine unzulässige Verunreinigung dagegen nicht ein, weil es sich um eine eng auszulegende Ausnahmevorschrift handelt.
Die Klägerin haftet daher für die geltend gemachten Schäden nur dann, wenn entweder die Verunreinigung des von ihr gelieferten Futters nachgewiesen wird oder der Klägerin ihrerseits nicht der Nachweis gelingt, dass sie den Verdacht der Futtermittelverunreinigung nicht zu vertreten hat. Hierzu bedarf es weiterer tatsächlicher Feststellungen.
* Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch in der hier noch anwendbaren Fassung vom 24. Juli 2009
§ 24 LFGB Gewähr für die handelsübliche Reinheit und Unverdorbenheit
Macht der Veräußerer bei der Abgabe von Futtermitteln keine Angaben über die Beschaffenheit, so übernimmt er damit die Gewähr für die handelsübliche Reinheit und Unverdorbenheit.
§ 280 BGB Schadensersatz wegen Pflichtverletzung
(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Das gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
** § 434 Sachmangel
(1) Die Sache ist frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang die vereinbarte Beschaffenheit hat. Soweit die Beschaffenheit nicht vereinbart ist, ist die Sache frei von Sachmängeln,
1. wenn sie sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet, sonst
2. wenn sie sich für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann.
§ 437 BGB Rechte des Käufers bei Mängeln
Ist die Sache mangelhaft, kann der Käufer […]
3. nach den §§ 440, 280, 281, 283 und 311a Schadensersatz […] verlangen.
Urteil vom 22. Oktober 2014 – VIII ZR 195/13
LG Oldenburg – Urteil vom 28. Januar 2013 – 4 O 2100/12
OLG Oldenburg – Urteil vom 18. Juni 2013 – 12 U 26/13
Karlsruhe, den 22. Oktober 2014
Quelle/Text/Redaktion: Pressestelle des Bundesgerichtshofs
Die Radfahrerausbildung in der Grundschule hat seit Jahren einen festen Platz bei der Verkehrserziehung in Deutschland. Mehr als 95 Prozent der Schüler nehmen jährlich an dem Übungsprogramm teil. In Nordrhein-Westfalen engagieren sich TÜV Rheinland und die Landesverkehrswacht NRW gemeinsam mit dem NRW-Verkehrsministerium für die Sicherheit der jungen Radler im Straßenverkehr. Nach einer mehrmonatigen Ausbildung durch verkehrspädagogisch geschulte Lehrer, die durch Polizeibeamte unterstützt werden, nehmen die Grundschüler in der vierten Klasse an der Radfahrprüfung teil. Beim theoretischen Teil der Prüfung kommen Radfahrtestbögen zum Einsatz, mit denen überprüft wird, ob die Kinder die wichtigsten Verkehrs- und Verhaltensregeln verstanden haben. Außerdem erhalten die Kinder nach der Prüfung einen Fahrradpass, in den sie die Daten ihres Bikes und ihre Anschrift eintragen können.
„Im vergangenen Schuljahr haben wir 178.000 Radfahrtestbögen und Fahrradpässe ausgegeben“, sagt Burkhard Nipper, Geschäftsführender Direktor der Landesverkehrswacht NRW. Mit dabei war auch ein Gewinnspiel mit Fragen zur Fahrradtechnik. Über den ersten Preis, ein Siebengang-Rad im Wert von rund 500 Euro, freut sich Greta Jendrock aus Bonn. Sie erhält ihr neues Fahrrad im Beisein des Bonner Bürgermeisters Reinhard Limbach am Dienstag, den 9. September, in der TÜV Rheinland-Prüfstelle Bonn-Duisdorf.
Kinder, die das Radfahren erlernen, erweitern nicht nur ihren Aktionsradius erheblich. Auch werden dadurch die selbstständige Verkehrsteilnahme, das Selbstbewusstsein und der Spaß an der Bewegung gefördert. Wie in vielen anderen Lebensbereichen spielt die Schule dabei eine entscheidende Rolle. Hier können die Kinder im geschützten Raum des Schulhofs oder der Jugendverkehrsschule Fähigkeiten und Kenntnisse erlernen, die ihnen helfen, sich zu souveränen Teilnehmern des Straßenverkehrs zu entwickeln.
Die Radfahrausbildung will somit die Grundlagen für eine lebenslange, sichere Mobilität schaffen. Dazu erklärt Arne Böhne von TÜV Rheinland: „Verkehrssicherheit ist eine der Säulen unseres Unternehmens. Wir führen nicht nur die Fahrzeuguntersuchung und die Führerscheinprüfung durch, sondern wir wollen auch, dass unsere Jüngsten heil nach Hause kommen. Hier wird die Basis für eine lebenslange sichere Mobilität gelegt.“
Dass die Ausbildung zu souveränen und umsichtigen Radfahrern nötig ist, zeigt ein Blick in die Unfallstatistik. Laut NRW-Innenministerium verunglückten im vergangenen Jahr 14.736 Radfahrer, davon 56 tödlich. Im Alter zwischen sechs und 14 Jahren kamen rund 2.100 Radfahrer bei einem Unfall zu Schaden. Neben dem Fehlverhalten der motorisierten Verkehrsteilnehmer ist leider auch eigenes Fehlverhalten eine häufige Unfallursache. Mit der Radfahrausbildung an den Grundschulen soll neben der Vermittlung der wichtigsten Verkehrsregeln und dem richtigen Verhalten im Straßenverkehr auch die gegenseitige Rücksichtnahme gefördert werden.
Quelle/Text/Redaktion: www.tuv.com