Sollen Lebensmittel mit Ampelsymbolen zur verständlicheren Information über gesundheitsrelevante Inhaltsstoffe ausgezeichnet werden? Diese Frage ist nach wie vor umstritten. Forscher der Universität Bonn kommen nun zu dem Schluss, dass die Ampelauszeichnung besser hilft, hochkalorischen Lebensmitteln zu widerstehen als eine reine informationsbasierte Auszeichnung. Die Wissenschaftler haben Probanden im Hirnscanner bei ihren Kaufentscheidungen beobachtet. Die Studie ist nun im Fachmagazin „Obesity“ erschienen.
Rot, gelb, grün: Leicht verständlich soll die Ampelkennzeichnung auf den Packungen signalisieren, wie bedenklich der Konsum eines Lebensmittels ist. „Rot“ symbolisiert zum Beispiel einen hohen Anteil an Fetten, Zucker oder Salz, „Grün“ dagegen einen geringen. Gelb nimmt wie an der Verkehrsampel eine Mittelposition ein. „Bislang ist noch kaum wissenschaftlich untersucht, welche Wirkung diese Ampelsignale auf die Bewertungsprozesse bei Kaufentscheidung im Gehirn von Konsumenten haben“, sagt Prof. Dr. Bernd Weber vom Center for Economics and Neuroscience (CENs) der Universität Bonn. Hilft die „Ampel“ Verbrauchern dabei, sich beim Einkauf für eine gesündere Ernährungsweise zu entscheiden? Dieser Frage gingen Wissenschaftler des CENs in einer aktuellen Studie nach.
100 Produkte – von der Schokolade bis zum Fertiggericht
Insgesamt 35 erwachsene Probanden, davon 19 Frauen, nahmen an der Untersuchung am Life&Brain Center in Bonn teil. Im Hirnscanner wurden die Nährstoffangaben zu 100 Produkten eingeblendet – von der Schokolade über Joghurt bis hin zu Fertiggerichten. Die Teilnehmer bekamen diese Informationen entweder über herkömmliche Nährwertkennzeichnungen mit Gramm- und Prozentzahlen pro Portion, oder über die Ampelkennzeichnung zu sehen. Anschließend mussten sie angeben, wie viel sie für das jeweilige Produkt zu zahlen bereit sind.
Die Teilnehmer boten deutlich mehr Geld für das gleiche Produkt, wenn die Ampelauszeichnung „grün“ war, als wenn die herkömmliche Darstellung der Nährstoffwerte aufschien. Sprang die Ampel dagegen auf „Rot“, sank die Kaufbereitschaft stärker als bei den konventionellen Angaben. „Die Ampelauszeichnung wirkt also wie ein Verstärker: Die Gesundheitsrelevanz der Inhaltsstoffe wird stärker bei der Kaufentscheidung berücksichtigt als bei reinen Auflistungen“, sagt Erstautorin Laura Enax vom CENs.
Zwei Gehirnregionen wirken auf das Belohnungssystem ein
Während die Probanden überlegten, welchen Preis sie für das jeweilige Produkt zahlen wollten, registrierten die Wissenschaftler mit Hilfe funktioneller Magnetresonanztomographie die Aktivität verschiedener Hirnregionen. Eine rote Ampelauszeichnung aktivierte eine Struktur in der linken unteren Stirnwindung, der Funktionen der Selbstkontrolle zugeschrieben werden. Diese Aktivität beeinflusste den ventromedialen präfrontalen Cortex, der die Kaufbereitschaft über das Belohnungssystem anspricht und dafür sorgte, dass die Probanden weniger bezahlen wollten.
„Die Ampelauszeichnung scheint die Untersuchungsteilnehmer dazu zu befähigen, ungesunden Lebensmitteln besser zu widerstehen im Vergleich zu den herkömmlichen Angaben über Gramm- und Prozentwerte der jeweiligen Inhaltsstoffe. Wahrscheinlich sorgt sie dafür, implizit stärker die Gesundheitsaspekte in seiner Entscheidung zu berücksichtigen“, fasst Prof. Weber das Ergebnis zusammen. Die Wissenschaftler der Universität Bonn wollen nun noch genauer untersuchen, wie verschiedene Arten von Lebensmittelauszeichnungen dazu dienen können, Verbraucher in ihren Entscheidungen zu unterstützen.
Publikation: Nutrition labels influence value computation of food products in the ventromedial prefrontal cortex, „Obesity“, DOI: 10.1002/oby.21027