„Im neuen Jahr wird es wirtschaftlich weiter bergauf gehen, sogar mit etwas forcierten Tempo – man ist jedoch geneigt zu sagen, trotz der politischen Weichenstellung. Denn Lösungen für die langfristigen Probleme und notwendige Schritte zur Sicherung unserer Wettbewerbsfähigkeit werden, entgegen dem selbst gesteckten Ziel der Großen Koalition, weiter vertagt.“ Dies erklärt Anton F. Börner, Präsident des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA), heute in Berlin anlässlich der Vorstellung der aktuellen Unternehmensbefragung des Verbandes.
Großhandel zum Jahreswechsel – Stimmung deutlich optimistischer
Der Großhandelsindikator hat zum Jahreswechsel einen Sprung gemacht. Es ist um über 12 Punkte auf fast 125 Punkte angestiegen, wobei Werte über 100 Punkte eine positive Bewertung zum Ausdruck bringen. Die aktuelle Geschäftslage hat sich kräftig um 15 Punkte verbessert auf 122 Punkte. Mit fast 128 Punkten haben die Geschäftserwartungen nicht nur um 10 Punkte zugelegt, sondern liegen sogar fast wieder auf dem Niveau der dynamischen Jahre des Aufholprozesses.
Konkret geht der BGA für 2014 von einem Umsatzanstieg im Großhandel um rund 1 ¾ Prozent aus. Das bedeutet ein Umsatzvolumen von 1.159 Milliarden Euro, nachdem die Umsatzentwicklung 2013 eine Pause eingelegt hat. Im abgelaufenen Jahr 2013 bleiben die Umsätze mit einem geschätzten Volumen von 1.139 Milliarden Euro knapp – das heißt um 0,4 Prozent – unter dem Vorjahresrekordwert von 1.144 Milliarden Euro. Hauptursache hierfür ist die Zurückhaltung der Industriekunden angesichts der Verunsicherung über die weitere Entwicklung der Weltwirtschaft und Europas.
Der Großhandel bleibt ein wichtiger Beschäftigungsfaktor: Der BGA rechnet in 2014 mit 5.000 neuen Jobs, auf 1,892 Millionen Beschäftigte – nach einem Anstieg um 9.000 auf 1,887 Millionen in 2013.
Insgesamt rechnet der BGA mit einem Anziehen der Dynamik im kommenden Jahr, allerdings erwartet er lediglich ein gesamtwirtschaftliches Wachstum von rund 1 ½ Prozent für 2014. Vorausgesetzt, dass sich das Vertrauen in die Märkte, vor allem in Europa, weiter stabilisiert.
Solides Wachstum braucht politische Flankierung
„Fast drei von vier Unternehmern glauben, dass Deutschland durch die Verabredungen im Koalitionsvertrag 2017 nicht wettbewerbsfähiger sein wird, was bedeutet, dass deutsche Unternehmen gegenüber anderen Anbietern auf der Welt Aufträge verlieren werden. Sie werden dann auch weniger Steuern und Sozialbeiträge bezahlen können“, warnte Börner.
Die Kernthemen der neuen Regierung, um den bestehenden Investitionsstau zu lösen, bleiben die Themen der alten: Haushaltskonsolidierung und mehr öffentliche Investitionen in die marode Infrastruktur sowie die Begrenzung der Arbeits- und der noch viel stärker ansteigenden Energiekosten für die Unternehmen.
Genau daran aber zweifeln die Unternehmer. Nicht einmal jeder 20. gibt an, dass er aufgrund der Koalitionsvereinbarungen mehr zu investieren gedenkt. Vier von fünf Unternehmen geben an, ihre Pläne nicht zu ändern und immerhin nahezu jeder siebte beabsichtigt sogar seine Investitionen zu reduzieren.
„Dieses Ergebnis sollte ein Alarmsignal für die Politik sein. Wenn es nicht gelingt, bei den Unternehmen mehr Vertrauen zu schaffen, werden wir uns zwar auf dem hohen wirtschaftlichen Niveau noch eine Weile bewegen. Aber es ist dann nur noch eine Frage der Zeit, bis wir zurückfallen, weil die erforderlichen Investitionen dann anderswo in der Welt getätigt werden“, so der BGA-Präsident.
Fast neun von zehn Unternehmen glauben nicht, dass die Koalition ihr Versprechen durchhält, in den kommenden Jahren keine Steuern zu erhöhen. Auch den Erfolg der Sozialkassen gilt es langfristig zu sichern. Mit einer reformabgewandten Politik neuer Leistungsversprechungen kann dies jedoch nicht gelingen. „Mütterrente“, Rückkehr zur Rente ab 63 Jahren und „solidarische Lebensleistungsrente“ sind sämtliche Treibsätze für die Arbeitskosten.
Die Energiewende ist ebenfalls kein grundsätzliches Thema mehr, wohl aber deren Umsetzung. Und auch hier glauben nur weniger als 13 Prozent der befragten Unternehmer, dass es durch die vorgesehenen Maßnahmen im Koalitionsvertrag gelingt, den exorbitanten Preisanstieg bei den Energiekosten zu stoppen.
„Die Ausgangslage für ein wirtschaftlich gutes Jahr 2014 ist günstig, die Unternehmen sind zuversichtlich. Nun ist es Aufgabe der Politik, Vertrauen zu schaffen und damit die Unternehmen zu motivieren, wieder mehr zu investieren. Das große Aufbruchsignal wurde mit dem Koalitionsvertrag verpasst, vieles hängt nun von der Umsetzung ab. Wir steuern daher wirtschaftlich ein Jahr an, das von weltwirtschaftlichen Impulsen getragen, in Deutschland aber von mehr Regulierung und steigenden Arbeitskosten begleitet wird. Unser Land braucht attraktive Investitionsbedingungen und leistungsfähige Unternehmen mit Bewegungsfreiheit, um die Lasten aus dem strukturellen und demographischen Wandel bewältigen zu können“, so Börner abschließend.
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