Wann wird die Artischocke zur Arzneipflanze?

Ricin und Strichnin sind rein pflanzlichen Ursprungs. Dennoch sind sie weder der Gesundheit förderlich noch verträglich. Der erste Stoff gehört mittlerweile auf die Liste der weltweit verbotenen Pflanzenschutzmittel, der zweite machte Karriere in Kriminalromanen. Ob eine Pflanze oder Pflanzenteile als Lebensmittel oder als Arzneimittel gelten, darüber gibt nun eine Stoffliste des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) Auskunft. Dr. Bettina Hartwig vom Bundeslandwirtschaftsministerium nahm diese am 9. September 2014 in Berlin offiziell in Empfang.

Die Stoffliste in der Kategorie „Pflanzen und Pflanzenteile“ wurde zusammen mit den Lebensmittelbehörden der Bundesländer erarbeitet und umfasst 590 Einträge, die mit einem Entscheidungsbaum anhand von neun Fragen in acht Kategorien eingeteilt wurden. Am Ende steht die Einteilung als Lebensmittel ohne Einschränkung oder die Zulassung als Arzneimittel oder Novel Food.

Hintergrund ist die Verwendung von immer mehr Pflanzen und Pflanzenteilen wie Blatt, Samen oder Frucht in Nahrungsergänzungsmitteln, als diätetisches Nahrungsmittel oder als neuartiges Lebensmittel (Novel Food). Deutschland hat in Europa die zweitmeisten Zulassungsanfragen für Stoffe im Rahmen der traditionellen Medizin nach Großbritannien, erläuterte Dr. Helmut Tschiersky, Präsident des BVL. Um den Beteiligten in der Lebensmittel-Warenkette Sicherheit über die Verwendung von Stoffen zu geben, wurde die Liste vom Bund in Auftrag gegeben.

Die Wissenschaftler haben es sich bei der Erstellung der Liste nicht einfach gemacht. So weist das Laubblatt der Artischocke eine pharmakologische Wirkung auf und wird auch in der traditionellen Medizin eingesetzt. Für Dr. Kerstin Stephan vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) ist die Einstufung als Arzneipflanze daher berechtigt. Wenn allerdings der Blütenboden und das Schuppenblatt verwendet werden, dann gilt die Artischocke als Lebensmittel ohne Einschränkungen. Bei Kürbissamen oder Oregano ist es ähnlich. Auch Knoblauch bleibt Lebensmittel, obwohl er eine wissenschaftlich beweisbare pharmakologische Wirkung aufweist. Entscheidend ist die Dosis, so Stephan. Einzelne Stoffe oder Isolate fanden keine Betrachtung, weil sie durch eine Verarbeitung teilweise erhebliche Veränderungen vom Ausgangsstoff aufweisen.

Deutschland hat also nun eine rechtlich nicht bindende Positivliste. Die Niederlande führt eine Verbotsliste. Verschiedene EU-Mitgliedsländer haben rechtlich verbindliche oder unverbindliche Listen. Eine Harmonisierung wünschten sich alle Beteiligten, die an der Vortragsveranstaltung des BVL anlässlich der Übergabe der Stoffliste teilnahmen. Aber im Jahr 2008 hat die EU dem eine Absage erteilt. Sie hält es für nicht möglich, weil die Bewertungen zu unterschiedlich sind und für unnötig, weil sich die rechtlichen Grundlagen aufeinander zu bewegten. So lange bleibt die Zulassung eine Frage der einzelnen Mitgliedsstaaten.

Roland Krieg, www.aid.de

Weitere Informationen:
www.bvl.bund.de

Afrikanische Schweinepest

Die Afrikanische Schweinepest breitet sich weiter aus. In Lettland, Litauen und Polen sind seit Anfang 2014 über 100 Fälle dieser Seuchenerkrankung festgestellt worden. Nach Angaben des Niedersächsischen Landesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit wurde nun auch in Estland ein totes Wildschwein mit Afrikanischer Schweinepest entdeckt. Bei Hausschweinen sind neben Kleinsthaltungen inzwischen auch Großbestände betroffen. Das Friedrich-Löffler-Institut – Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit geht davon aus, dass eine Einschleppung in weitere Länder der Europäischen Union nicht ausgeschlossen werden kann.

Eine Verbreitung des Virus ist insbesondere über Transportfahrzeuge und über Produkte aus nicht durchgegartem Fleisch von infizierten Schweinen zu befürchten. Tierhalter, Jäger und Tierärzte sind aufgefordert, besonders auf vermehrtes Auftreten von Fallwild (Schwarzwild) zu achten und der zuständigen Behörde zu melden.

Niedersachsen ruft Landwirte auf, sich an einem Früherkennungs- und Monitoring-Programm zu beteiligen und mit Hilfe von Ausschluss-Untersuchungen eine mögliche Einschleppung in einen Tierbestand so früh wie möglich aufzudecken.

Renate Kessen, www.aid.de

Weitere Informationen:
www.fli.bund.de/de
www.tierseucheninfo.niedersachsen.de
aid-Heft „Anzeigepflichtige Tierseuchen“
Bestell-Nr. 1046, Preis: 4,50 Euro
www.aid.de/shop/shop_detail.php?bestellnr=1046

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