Geologen müssen Mond-Entwicklung überdenken

Die amerikanische Mondmission „Lunar Reconnaissance Orbiter (LRO)“ hat Hinweise darauf geliefert, dass die vulkanische Aktivität auf dem Mond nicht wie bisher angenommen vor etwa einer Milliarde Jahren abrupt zum Erliegen kam. Vielmehr hat es auch in der jüngeren Vergangenheit zumindest kleine vulkanische Eruptionen gegeben.

Dr. Carolyn van der Bogert und Prof. Dr. Harald Hiesinger Foto: WWU/Frank Bartschat
Dr. Carolyn van der Bogert und Prof. Dr. Harald Hiesinger
Foto: WWU/Frank Bartschat

An der Studie, die nun in dem Fachmagazin „Nature Geoscience“ veröffentlicht wurde, sind Prof. Dr. Harald Hiesinger und Dr. Carolyn van der Bogert vom Institut für Planetologie der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (WWU) beteiligt.

Die Wissenschaftler stützen ihre These auf die Entdeckung vulkanischer Ablagerungen auf dem Mond, deren Alter sie auf weniger als 100 Millionen Jahre datieren. Auf der Erde würde dies dem Erdzeitalter der Kreide entsprechen, also einer Zeit, zu der die Dinosaurier die Erde bevölkerten. Einige der neu entdeckten vulkanischen Ablagerungen sind sogar weniger als 50 Millionen Jahre alt. Diese Entdeckung werde dazu führen, dass Geologen die jüngste geologische und thermische Entwicklung des Mondes neu überdenken müssen, so die Forscher.

Künstlerische Darstellung des Lunar Reconnaissance Orbiter Foto: Chris Meaney / NASA 2008
Künstlerische Darstellung des Lunar Reconnaissance Orbiter
Foto: Chris Meaney / NASA 2008

Die Ablagerungen, fachsprachlich „unregelmäßige Mare-Flecken“, finden sich in dunklen vulkanischen Tiefebenen, Mare genannt, auf dem Mond. Eines der größten Vorkommen vulkanischer Ablagerungen ist unter dem Namen „Ina“ bekannt. Es ist gekennzeichnet durch seine auffällige Helligkeit und die ungewöhnliche Form, die dem Großbuchstaben „D“ ähnelt. Dachte man bisher, Ina sei einzigartig, haben die Forscher nun viele weitere dieser Strukturen in den hochauflösenden Bildern der Spezialkameras der LRO-Mission entdeckt. Insgesamt hat das Team 70 bisher unbekannte Ablagerungen auf der Mondvorderseite identifiziert, die mit weniger als 500 Metern im Durchmesser zu klein sind, um sie von der Erde aus beobachten zu können.

„Bisherige Studien hatten bereits Hinweise darauf ergeben, dass es sich bei Ina um eine sehr junge Struktur handeln muss. Die Entdeckung zahlreicher ähnlich junger Strukturen in den Mare-Gebieten der Mondvorderseite hat jedoch fundamentale Auswirkungen auf die Modelle der thermischen Bedingungen des Mondinneren und seine thermische Entwicklung“ erklären Prof. Harald Hiesinger und Dr. Carolyn van der Bogert, die den Artikel gemeinsam mit Forschern der Arizona State University (USA) verfasst haben. Mit anderen Worten: Die Entdeckung dieser jungen vulkanischen Strukturen ist nur schwer mit den bisherigen Vorstellungen der Temperatur des Mondinneren in Einklang zu bringen. Die jungen vulkanischen Strukturen sind laut Experten für die zukünftige Exploration des Mondes von enormer Bedeutung.

Die NASA-Mission LRO wird vom Goddard Space Flight Center (Nähe Washington) betreut. An Bord der um den Mond kreisenden Sonde ist das Kamerasystem „LROC“. Es besteht aus insgesamt drei Kameras, die von Malin Space Science Systems entworfen und gebaut wurden und von der Arizona State University betrieben werden. Harald Hiesinger ist der einzige deutsche Wissenschaftler, der an LROC beteiligt ist.

Originalpublikation:

Braden S. E. et al. (2014): Evidence for basaltic volcanism on the Moon within the past 100 million years. Nature Geoscience advance online publication; doi:10.1038/ngeo2252

Quelle/Text/Redaktion: www.uni-muenster.de

Link:

Pressemeldung der NASA
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LRO/Weitere Informationen
Institut für Planetologie

Auf den Spuren der Kelten

Das Grabungsteam um den Prähistoriker und Archäologen Prof. Dr. Ralf Gleser (3. v. r.) Foto: WWU - Terrex gGmbh
Das Grabungsteam um den Prähistoriker und Archäologen Prof. Dr. Ralf Gleser (3. v. r.)
Foto: WWU – Terrex gGmbh

Ein Team auf den Spuren der Kelten: Wissenschaftler um den Prähistoriker und Archäologen von der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (WWU), Prof. Dr. Ralf Gleser, haben im nördlichen Saarland nahe der Gemeinde Sitzerath einen Friedhof mit Brandgräbern von Kelten entdeckt. Besonders spektakulär war dabei der Fund des Grabes eines keltischen Kriegers, der vermutlich zwischen 50 und 20 vor Christus starb und demzufolge noch den Gallischen Krieg (58 bis 51/50 v. Chr.) erlebte. „Ein schöner Erfolg unserer Arbeit“, sagt Ralf Gleser. Die Grabungen waren möglich geworden durch eine Drittmittelförderung seitens der Gerda-Henkel-Stiftung.

Die mit Spaten, Schippe und Pinsel ausgerüsteten Spurensucher aus der Wissenschaft, darunter vier WWU-Studierende, fanden in den sogenannten Brandgräbern verrostete Überreste von Waffen, etwa von Schwertern und Lanzen. Brandgrab wird ein Grab aus dieser Zeit genannt, in dem sich neben Überresten der eingeäscherten Leiche auch Beigaben finden, die auf das Leben des Toten hinweisen können. Der keltische Krieger speziell wurde mit seiner vollen Bewaffnung begraben, vermutlich in einer Holzkiste. Im Grab fanden sich zudem Teile eines Metallschmelze-Ofens, Scherben einer römischen Amphore und einheimische Keramikgefäße.

Ralf Gleser, Leiter der Abteilung für Ur- und Frühgeschichtliche Archäologie im Historischen Seminar der WWU, untersuchte mit den Studierenden sowie weiteren Experten und Helfern der regionalen Grabungsgesellschaft „Terrex“ das keltische Gräberfeld. Die Kontakte und das Engagement des WWU-Experten im Saarland gehen auf seine Zeit an der Universität Saarbrücken zurück, wo Ralf Gleser vor seinem Ruf nach Münster tätig war. Insgesamt entdeckte das Team bislang mehr als zwei Dutzend Gräber. Die Überreste stammen von Toten, die in der zweiten Hälfte des ersten Jahrhunderts vor Christus, also in spätkeltischer und frührömischer Zeit, gestorben sind.

Involviert in das Projekt waren auch Geophysiker der WWU, die die Grabungen mit geomagnetischen Messungen unterstützten. So konnte das Expertenteam unter der Leitung von Dr. Volkmar Schmidt vom Institut für Geophysik etwa sagen, wo es sich im Gelände am ehesten lohnt, überhaupt zu graben.

Quelle/Text/Redaktion: www.uni-muenster.de

Link:

Prof. Dr. Ralf Gleser an der WWU
Institut für Geophysik der WWU
Gerda-Henkel-Stiftung
Terrex gGmbh „Kelten und Römer im Wendeler Land“

Entzündungen im Rampenlicht

Entzündungsprozesse spielen bei der Entstehung menschlicher Erkrankungen eine Schlüsselrolle: Nicht nur an Autoimmunerkrankungen oder Infektionen sind sie beteiligt, sondern auch an Herz- oder Krebserkrankungen. Sie im Körper zu lokalisieren und maßgeschneidert zu behandeln, ist eine der größten Herausforderungen der modernen Medizin. Forscher der Universität Münster, einige von ihnen im Exzellenzcluster „Cells in Motion“ aktiv, haben ein Verfahren entwickelt, mit dessen Hilfe Mediziner entzündliche Prozesse bei verschiedenen Krankheiten früh und genau lokalisieren können. Beteiligt waren die Immunologen Dr. Thomas Vogl (Privatdozent) und Prof. Johannes Roth sowie die Radiologen Dr. Michel Eisenblätter und Prof. Christoph Bremer.

Bislang war diese Lokalisation nur eingeschränkt möglich: Zwar lassen sich an der Immunabwehr beteiligte Zellen, sogenannte Phagozyten, schon länger mithilfe bildgebender Verfahren darstellen. Unklar war jedoch, wie weit fortgeschritten eine Erkrankung ist und ob die dargestellten Zellen an der Bekämpfung der Entzündung beteiligt sind oder nicht. Mit einem neuen Kontrastmittel aus Antikörpern, das entzündete Areale leuchten (fluoreszieren) lässt, haben die Wissenschaftler nun buchstäblich Licht ins Dunkel gebracht. „Wir können mithilfe dieses Verfahrens nicht nur zeigen, wo sich Phagozyten finden, sondern auch, wie aktiv sie sind“, erklärt Thomas Vogl. Die Ergebnisse der Studie wurden kürzlich in der Fachzeitschrift „Nature Communications“ veröffentlicht.

Das Verfahren nutzt die Tatsache, dass aktive Phagozyten am Entzündungsort zwei bestimmte Proteine freisetzen: S100A8 und S100A9. Je mehr sich davon an bestimmten Stellen im Körper finden, desto eher deutet dies auf einen akuten Entzündungsprozess hin. Die Hoffnung der Forscher ist, dass das von ihnen entwickelte Fluoreszenz-Bildgebungsverfahren künftig auf mehreren Ebenen zur Heilung beiträgt. Beispielsweise lassen sich mit ihm schon Entzündungen im Körper nachweisen, bevor sie sich durch Symptome wie Rötung oder Schwellung äußern – Therapien könnten viel früher zur Anwendung kommen. „Wenn man genau weiß, wo sich eine Entzündung befindet und wie aktiv sie ist, lassen sich Medikamente gezielter einsetzen“, nennt Thomas Vogl einen weiteren Vorteil.

Das Besondere an dem Verfahren: Es lässt sich bei besonders vielen Krankheiten einsetzen. „Der grundlegende Mechanismus ist bei den meisten Entzündungen gleich: Aktive Phagozyten setzen am Entzündungsort die Proteine S100A8 und S100A9 frei“, erläutert Michel Eisenblätter. Mit einem Marker, der diese Botenstoffe sichtbar mache, ließen sich deshalb viele Erkrankungen im Körper darstellen und messen.

Institut für Immunologie der WWU Münster
Exzellenzcluster „Cells in Motion“

Quelle/Text/Redaktion: www.uni-muenster.de

Krebs-Mutation verhindert Blutzell-Reifung

Im Labor: Prof. Dr. Hubert Schorle vom Institut für Pathologie am Universitätsklinikum Bonn und die Erstautorin der Studie Nathalie Haas. © Rolf Müller/UKB
Im Labor:
Prof. Dr. Hubert Schorle vom Institut für Pathologie am Universitätsklinikum Bonn und die Erstautorin der Studie Nathalie Haas. © Rolf Müller/UKB

Ein Defekt im so genannten Kit-Rezeptor führt normalerweise dazu, dass sich die betroffenen Zellen ungebremst teilen. Bei der Blutzell-Reifung hat er dagegen scheinbar den gegenteiligen Effekt: Es entstehen weniger reife rote Blutkörperchen. Forscher des Universitätsklinikums Bonn haben diesen Widerspruch nun aufklären können. Demnach führt der Kit-Defekt zwar dazu, dass sich die Blutzell-Vorläufer stark vermehren; diese Vorläuferzellen reifen aber nicht zu funktionsfähigen roten Blutkörperchen heran, sondern sterben vorher ab. Die Arbeit erscheint in Kürze in der Zeitschrift „Cell Death and Differentiation“.

Der Kit-Rezeptor ist ein wichtiger Regulator der Zellteilung. Führt ein Defekt zu seiner unkontrollierten Aktivität, vermehrt sich die betroffene Zelle unter Umständen ungebremst. Mögliche Folge: Krebs. Viele Hoden- und Magentumore haben ihre Ursache in einer Kit-Mutation. Kit reguliert auch die Vermehrung der Blut-Vorläuferzellen. Allerdings hat ein Kit-Defekt dort die Wirkung, dass kaum noch funktionsfähige rote Blutkörperchen entstehen. Woran liegt das?

Forscher des Universitätsklinikums Bonn sind dieser Frage nachgegangen. Dazu haben sie die Auswirkung der Kit-Mutation auf das blutbildende System von Mäuse-Föten untersucht. Wird Kit stimuliert, führt das normalerweise zu einer Vermehrung der Blut-Stammzellen. Diese reifen dann in einem komplexen Prozess zu roten Blutkörperchen heran. Dieser Reifungsprozess wird durch den Botenstoff Erythropoetin angeregt. Dieses Hormon ist auch vielen Laien geläufig, allerdings eher unter seiner Abkürzung Epo: Epo ist ein beliebtes Dopingmittel, da es die Sauerstoff-Versorgung der Muskeln verbessert und so leistungsfördernd wirkt.

Der Kit-Rezeptor scheint nun in einen Signalweg einzugreifen, über den auch die Epo-Signale laufen. „Normalerweise ist das nicht schlimm, da nach der Vermehrung der Blut-Vorläuferzellen die Kit-Aktivität gedrosselt wird“, erklärt Prof. Dr. Hubert Schorle vom Institut für Pathologie des Universitätsklinikums Bonn. Der defekte Kit-Rezeptor lässt sich aber nicht ausbremsen. Er sendet daher permanent und unterdrückt so die Reaktion der Zellen auf Epo. Folge: Die Vorläuferzellen reifen nicht aus.

Krebsmedikament kurbelt Reifung roter Blutkörperchen an

Seit einigen Jahren ist ein Wirkstoff gegen Krebserkrankungen verfügbar, die durch einen Kit-Defekt ausgelöst werden. Die Substanz namens Dasatinib kann zwar nicht die Dauererregung des Kit-Rezeptors verhindern. Sie bremst aber die Signalwege, die durch den Rezeptor angeregt werden. Dadurch verhindert Dasatinib eine unkontrollierte Zellvermehrung.

Das Krebsmedikament könnte sich auch zum Einsatz bei Blutreifungsstörungen eignen, deren Ursache ein Kit-Defekt ist. „Wenn wir Dasatinib zu den kranken Blut-Vorläuferzellen gaben, vermehrten diese sich einerseits nicht mehr so rasch“, sagt Prof. Schorle. „Zugleich wurde die Blockade ihres Reifeprozesses aufgehoben, so dass wieder mehr rote Blutkörperchen entstanden.“ Ob sich Dasatinib wirklich für den klinischen Einsatz eigne, bleibe allerdings noch abzuwarten.

Die Arbeit wurde durch die Dr. Mildred Scheel Stiftung für Krebsforschung und die Deutsche José Carreras Leukämie-Stiftung finanziell unterstützt.

Publikation: N. Haas, T. Riedt, Z. Labbaf, K. Baßler, D. Gergis, H. Fröhlich, I. Gütgemann, V. Janzen and H. Schorle: Kit transduced signals counteract erythroid maturation by MAPK-dependent modulation of erythropoietin signaling and apoptosis induction in mouse fetal liver; Cell Death and Differentiation (2014); doi: 10.1038/cdd.2014.172

Quelle/Text/Redaktion: uni-bonn.de

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