Schlagwort-Archiv: Verbraucherschutz

Warnung vor Cent-Auktionen im Internet

„Auktionen voller Emotionen“ – und mit enormem Ersparnispotenzial verspricht die Werbung. iPads und andere Markenartikel lassen sich scheinbar schon für wenige Cent ersteigern. Doch die Verbraucherzentrale NRW warnt vor „Erlebnisauktionen“ mit hohem Glücksspielcharakter und diversen Ungereimtheiten.

Eintauchen in die Welt von Bids und Snips: von Geboten und Schnäppchen. „Kaufen mit Vergnügen“ lockt das Portal Biddeal, „Nervenkitzel und Spaß“ garantiert Centgebote. „Wer cool bleibt und clever bietet“ wird bei Snipster „mit einer sensationell hohen Ersparnis belohnt“. Der kann ein neues Samsung Galaxy S5 mini für 9,03 Euro, eine Gardena Gartenschere gar für drei Cent ersteigern.

Sechs solcher Portale hat sich die Verbraucherzentrale NRW näher angeschaut, darunter die Aktivsten wie Snipster, Wellbid und Justcents, darunter Biddeal, Centgebote und Centout.

Der Name ist dabei Programm. So genannte Centauktionen laufen via Internet rund um die Uhr, bisweilen zu eingeschränkten Öffnungszeiten. Wellbid mit Sitz auf Zypern protzt mit mehr als einer Million beendeter Versteigerungen, während in der Kieler Provinz der deutsche Dino Snipster im Juli seinen 100.000sten Deal feierte.

Das Prinzip: Mit jedem Gebot steigen die Preise meist um einen, bei teurer Technik auch schon mal um zwei oder fünf Cent. Der Meistbietende erhält den Zuschlag. Mindestpreise wie bei eBay gibt‘s bei Centauktionen nicht.

Der entscheidende Unterschied aber: Während bei eBay nur der Endpreis zu zahlen ist, kassieren die Veranstalter der Erlebnisauktionen für jedes Gebot. Bieter zahlen dabei mit einer Kunstwährung. Die nennt sich Centos, Bids oder schlicht Gebote – und muss mit realen Euros erworben werden. Meist liegt der Preis bei 50 Cents für ein Gebot, bei Wellbid sind es rund fünf Cent. Wer viele Gebote kauft, kriegt Mengenrabatt.

Und die können zumeist bei mehreren Versteigerungen gleichzeitig verballert werden. Vor allem in der Schlussphase mahnen die runter tickenden Sekunden zur Eile – und das oft stundenlang. Denn mit jedem neu abgegebenen Gebot verlängert sich die Auktion um zehn bis 30 Sekunden.

Auf allen besuchten Portalen ließen sich zudem automatische Bietagenten beauftragen. Die können im Sekundentakt Hunderte von Geboten abgeben: bis eine voreingestellte Höchstsumme erreicht oder das Bietkonto des Zockers leergeräumt ist.

Schnäppchenjäger werden so verführt, auf ein Produkt nicht nur einmal, sondern 100- oder sogar 500-mal zu steigern. Bei Preisen von bis zu 50 Cent je Gebot werden aus scheinbar zehn Euro für den begehrten Staubsauger dann recht flott satte 260 Euro. Oft zahlt ein so geschröpfter Gewinner mehr als die Ware im Laden gekostet hätte.

Kasse macht hingegen meist die Spielbank. Beispiele: Snipster generierte bei einen Dyson-Staubsauger akkurat 2496 Gebote. Das summierte sich bei einem Gebotspreis von 50 Cent zu satten 1248 Euro – bezahlt vom Gewinner und den Verlierern. Das war mehr als das Fünffache des Gerätepreises. Bei Biddeal war es gar mehr als das 16-fache bei einem Schulrucksack von Jack Wolfskin. Häufig, so die Beobachtung der Verbraucherschützer, brachten Zockerauktionen dem Veranstalter den doppelten Preis.

Damit nicht genug. Looser können Produkte bei drei Veranstaltern auch direkt erwerben. Sogar verzockte Gebote sollen dabei angerechnet werden.

Bei Centout und Centgebote wiederum gibt´s einige Trostartikel, bei denen verballerte Gebote teilweise verrechnet werden. „Der Preis ist günstig und häufig zahlen Sie weniger als in anderen Shops“, wirbt etwa Justcents.

Doch Sofort- und Ersatzkäufe sind eher ein Gruseltipp für Sparfüchse. Alle 50 von der Verbraucherzentrale NRW verglichenen Direktkauf-Artikel waren wesentlich teurer als im Online-Handel.

Für das Playstation-Spiel Fifa15 forderte Biddeal fast 80 Prozent mehr, für eine Soehnle Personenwaage kassierte Justcents nahezu das Doppelte. Den Vogel schoss Wellbid ab. Eine Massagesitzauflage offerierte der Centauktionator per Sofortkauf für 218 Euro. Preissuchmaschinen fanden mehrere Angebote für gerade mal 79 Euro.

Verblüffend zudem: Immer wieder stießen die Tester der Verbraucherzentrale auf geradezu erstaunliche Glückspilze. Dazu gehörte etwa „Jackpower1“, der auf Snipster reichlich Gebote abgab. Laut Chronik gewann er in gut einer Woche mehr als 20 Auktionen und räumte dabei Technik im Wert von über 7000 Euro ab, darunter zwei Staubsauger von Dyson, einen Saugroboter und drei Samsung Galaxy Smartphones.

Auch die Lieferung der Gewinne wirkt kurios: Fürs Gros der von Snipster versteigerten Artikel, über 50 am Tag, wurde Cyberport als Lieferant benannt. Doch eine Stichprobe der Verbraucherzentrale zeigte: Für Kunden waren die Snipster-Produkte beim laut Eigenwerbung „erfolgreichsten Händler für digitale Unterhaltungselektronik in Europa“ nur selten bestellbar.

Bei acht von zehn Artikeln war entweder das angegebene Modell nicht zu finden oder es hieß lapidar „Huch, nix gefunden“ – und das weder im Privat- noch im Geschäftskundenshop. Die Verbraucherzentrale hat dazu bei Cyperport nachgefragt. Die Antwort von Sprecherin Andrea Wünsche: „Wir liefern nur Produkte aus, die in unserem Webshop zu sehen sind.“

Obendrein lockte Snipster bei jedem versteigerten Produkt mit einem „Vergleichspreis“, der angeblich „dem Verkaufspreis des Lieferanten entspricht“. Nur stimmte auch der laut Stichprobe oft nicht mit Cyberport-Preisen überein. So avisierte Snipster beispielsweise ein Apple iPhone 6 spacegrau mit 899 Euro, Cyberport verlangte zeitgleich jedoch nur 699 Euro.

Stand: 05.11.2014

Hygiene-Smiley in Deutschland?

Hygiene-Smiley, Hygiene-Ampel, Kontrollbarometer – seit einigen Jahren versuchen Länderbehörden ein Transparenzsystem zur Darstellung der amtlichen Kontrollergebnisse aus der Lebensmittelüberwachung einzuführen. Doch das Thema ist offenbar explosiv.

Bislang scheiterten alle Versuche, entsprechende Modelle zu etablieren am hinlänglichen Widerstand von Verbänden. Gastronomie und Handwerk fühlen sich durch die Veröffentlichung amtlicher Kontrollergebnisse an den Pranger gestellt und lehnen bisherige Systeme kategorisch ab. Verbrauchervertreter und lebensmittelüberwachende Behörden hingegen wünschen und fordern ein solches Instrument zur besseren Transparenz. Die Atmosphäre scheint vergiftet, die Fronten sind verhärtet und die Positionen festgefahren. Verbände erwirken, dass die Veröffentlichung von Kontrollergebnissen aufgrund unzureichender gesetzlicher Grundlagen gerichtlich untersagt wird.

Ganz ähnlich ist die Einstellung der Beteiligten im Nachbarland Frankreich, wo die Zeitung „Le Figaro“ jüngst wieder einmal titulierte, die Einführung eines Restaurant-Hygiene-Smileys sei illusionär. In Dänemark und Großbritannien haben sich unterschiedliche Transparenzsysteme dagegen längst etabliert und funktionieren unaufgeregt als Informationsinstrument in der Praxis. So können sich dänische Verbraucher mittels eines Smileys, britische Konsumenten mit Hilfe eines Fünf-Punkte-Barometers im Internet oder an der Laden- bzw. Gaststättentür über die Ergebnisse der amtlichen Kontrollen informieren.

Von den deutschen Transparenzsystemen existiert derzeit nur noch ein einziges, zeitlich befristetes Pilotprojekt in Nordrhein-Westfalen: ein Kontrollbarometer in den Städten Duisburg und Bielefeld für Gastronomiebetriebe. Über eine sogenannte „appetitlich App“ können die Bürger derzeit am Smartphone oder im Internet die Bewertung und das Ergebnis der letzten betrieblichen Prüfung einsehen. Ins Leben gerufen und betrieben wird die App als Modellprojekt mit dem klangvollen, ein wenig gefährlich klingenden Namen „KOBRA“ von der Verbraucher Zentrale (VZ) Nordrhein-Westfalen. Seit Dezember 2013 werden dort die Kontrollergebnisse mit der Punktbewertung aus den amtlichen Betriebskontrollen gesammelt und veröffentlicht.

Rund 235.000 Mal wurde auf die Daten des Kontrollbarometers via App und Internetseite zwischen Dezember 2013 und August 2014 zugegriffen. Die Rückmeldungen von Verbrauchern zu diesem Projekt seien überwiegend positiv, diese Zwischenbilanz zog Dr. Andrea Bokelmann, vom Verbraucherschutzministerium Nordrhein-Westfalen, auf einem Kongress des Bundesverbands der Lebensmittelkontrolleure in Köln Ende September 2014.

Auch Gastronomen könnten das Gastro-Kontrollbarometer zur Eigenwerbung verwenden und würden davon profitieren. Auf diesen Nutzen wies Bokelmann mit einem Praxisbeispiel hin. Hierbei hatte ein Gastronom seine positive Kontrollbewertung werbewirksam an der Tür seines Lokals aufgehängt.

Das Pilotprojekt schaffe Transparenz, fördere den Wettbewerb und sichere Wettbewerbsvorteile, so Bokelmann. Berechtigte Kritikpunkte bestünden unter anderem aber noch in der Zeitverzögerung, die sich bei der Veröffentlichung der Kontrollergebnisse ergebe und darin, dass es noch nicht möglich sei, den Kontrollbericht zur Dokumentation der festgestellten Mängel zu hinterlegen. Bis Ende August 2014 seien in Duisburg fast 850, in Bielefeld rund 500 gastronomische Betriebe erfasst gewesen. Das entspricht rund Dreiviertel aller Gastronomen in beiden Städten. Die meisten Kontrollergebnisse in diesen Betrieben liegen im grünen, ganz wenige im gelben Bereich. Nur bei zwei Betrieben in Bielefeld und einem Betrieb in Duisburg zeige das Kontrollbarometer den roten Bereich an, fasste Bokelmann die bisherigen Kontrollergebnisse zusammen.

Das Pilotprojekt endet zum Jahresende 2014. Danach werde eine Auswertung erfolgen. Eine Ausweitung auf andere Städte, weitere Bundesländer und andere Betriebsarten (Bäckereien, Metzgereien etc.) werde überlegt. Ob es dazu komme und das Modellprojekt nach Jahresende noch fortbestehen werde, sei jedoch ungewiss. Gegen das Modellprojekt KOBRA wurden in Duisburg acht Einzelklagen, in Bielefeld zwei Sammelklagen mit mehr als insgesamt 40 Beteiligten und sechs Einzelklagen eingereicht. Die Erfolgsaussichten für die eingereichten Klagen seien gut, da das Verbraucherinformationsgesetz keine ausreichende Rechtsgrundlage für das Kontrollbarometer darstellt, so Bokelmann.

Ute Gomm, www.aid.de

Weitere Informationen:

Appetitlich App: www.vz-nrw.de/mediabig/225447A/index.html

Zwei etablierte Systeme in anderen EU-Ländern:

Dänischer Smiley:
www.foedevarestyrelsen.dk/kontrol/Kontrolresultater/Smiley/Sider/Forside.aspx

Hygiene-rating-schema in Großbritannien:
www.food.gov.uk/multimedia/hygiene-rating-schemes/ratings-find-out-more-en/

In Frankreich ein umstrittenes Diskussionsthema:
www.lefigaro.fr/gastronomie/2014/09/09/30005-20140909ARTFIG00224-les-smileys-dans-les-restaurants-une-mesure-illusoire.php

Zehn-Jahres-Frist bei Kreditbearbeitungsentgelten

VZ/NRW    Ein für Kreditnehmer positives Urteil hat heute der Bundesgerichtshof (BGH) gefällt. Die Richter in den roten Roben entschieden, dass Bankkunden ungerechtfertigt kassierte Bearbeitungsentgelte bei Krediten bis zu zehn Jahre rückwirkend zurückfordern können (Az.: XI ZR 348/13 und XI ZR 17/14).

Hintergrund: Im Mai hatte der BGH Bearbeitungsentgelte bei Verbraucherdarlehen für unzulässig erklärt (Az.: XI ZR 405/12 und Az.: XI ZR 170/13). Sie stellten kein Entgelt für eine gesonderte Leistung dar und dürften deshalb nicht verlangt werden. Auch seien die Banken und Sparkassen aufgrund gesetzlicher Pflichten gehalten, die Bonität des Darlehensnehmers zu prüfen. Die dafür vom Kunden zu erbringende Gegenleistung sei allein der zu zahlende Zins. Ein gesondertes Entgelt für vorbereitende Tätigkeiten halten die obersten Richter nicht für zulässig.

Folge des Urteils ist, dass Darlehensnehmer, die in der Vergangenheit ein solches Entgelt gezahlt haben, gegenüber ihrem kreditgebenden Institut einen Erstattungsanspruch haben. Dazu müssen sie die gezahlten Bearbeitungsentgelte zurückfordern. Hilfe dabei bietet ein kostenloser Musterbrief der Verbraucherzentrale NRW im Internet.

Streit gab es danach noch um die Frage, wann der Anspruch auf Rückzahlung  verjährt. Während die Geldinstitute eine kurze Verjährungszeit von drei Jahren nach Kenntnis von der Zahlung des Bearbeitungsentgelts annahmen, gingen Verbraucherschützer – und auch einige Gerichte – von einer Kenntnis erst ab 2011 aus.

So sahen es nun auch die obersten Richter. Es sei den Kunden wegen der unklaren Rechtslage erst ab Ende 2011 zumutbar gewesen, Klage auf Rückzahlung des Bearbeitungsentgelts zu erheben. Dies bedeutet, dass zumindest alle nach dem 1. Januar 2005 gezahlten Bearbeitungsentgelte noch nicht verjährt sind. Zum 31. Dezember 2014 wird aber eine Vielzahl der Erstattungsansprüche verjähren.

Betroffene Kunden sollten daher umgehend fachkundigen Rat einholen und prüfen lassen, wann eigene Ansprüche verjähren. Verjährungshemmend wirkt beispielsweise die Erhebung einer Klage. Ein einfaches Schreiben an die Banken oder Sparkassen reicht nicht.

Verbraucherschutz am Finanzmarkt stärken

Bundesverbraucherschutzminister Heiko Maas und Hamburgs Verbraucherschutzsenatorin Cornelia Prüfer-Storcks haben jetzt gemeinsam die Verbraucherzentrale Hamburg besucht. Aus Anlass des Weltverbrauchertages trafen sie dort im Rahmen der Veranstaltung „Risiken bei Finanzdienstleistungen“ Verbraucherinnen und Verbraucher, die im persönlichen Gespräch über ihre Erfahrungen und Probleme am Finanzmarkt berichteten. Begleitet wurden sie dabei von Andreas Eichhorst, Vorstand Verbraucherzentrale Bundesverband, und Dr. Günter Hörmann, Vorstand der Verbraucherzentrale Hamburg.

„Die Bürgerinnen und Bürger sind gut beraten, wenn Sie sich vor dem Kauf von Finanzprodukten unabhängigen Rat – beispielsweise in der Verbraucherzentrale – einholen“ sagt Senatorin Cornelia Prüfer-Storcks. „Ich begrüße sehr, dass sich die Bundesregierung für die laufende Legislaturperiode vorgenommen hat, die bestehenden Verbraucherorganisationen mit einer speziellen Marktwächterfunktion unter anderem für den Finanzmarkt zu beauftragen.“ Als Ergänzung zur staatlichen Aufsicht könne der Verbraucherschutz so vor allem auch auf dem sogenannten Grauen Kapitalmarkt deutlich effektiver gestaltet werden.

Hinsichtlich der von der Bundesregierung angekündigten Neuregelung der Bewertungsreserven bei Lebensversicherungen verweist Senatorin Prüfer-Storcks auf die frühere Forderung des Bundesrates, wonach die in der aktuellen Niedrigzinsphase entstehenden Belastungen nicht einseitig auf die Versicherten abgewälzt werden dürfen.

Dr. Günter Hörmann, Vorstand der Verbraucherzentrale Hamburg, erklärt: „Ob Lebensversicherung, Schiffsfonds, Ratenkredit oder Dispozins – die Verbraucher benötigen die unabhängigen Verbraucherzentralen an ihrer Seite, um ihren Vertragspartnern auf Augenhöhe begegnen zu können. Wir freuen uns daher, dass die Bundesregierung und der Hamburger Senat sich für die Stärkung der Kompetenzen und Ressourcen der Verbraucherzentralen einsetzen, damit wir den Banken und Versicherungen im Interesse der Verbraucher die Stirn bieten können“.

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