Rund 100 solcher Sprüche-Mülltonnen sind während der Kirmestage in der Innenstadt aufgestellt. Foto: Stadt Bocholt
Auf der diesjährigen Bocholter Kirmes sind sie wieder im Einsatz, die „Sprüche-Mülltonnen“ des Entsorgungs- und Servicebetriebes Bocholt (ESB). Rund 100 davon sind in der Innenstadt aufgestellt worden. Vielen Bocholtern mittlerweile bestens bekannt, werben die Restmülltonnen mit großem Einwurfloch dafür, den Müll in die Tonne und nicht auf die Straße zu werfen. Mit lustigen, provozierenden und teilweise auch zweideutigen Sprüchen beklebt, sollen sie für mehr Sauberkeit sorgen.
Zu den bisher 50 vorhandenen Sprüchen sind nun 30 weitere Texte hinzugekommen. So heißt es auf der kommenden Bocholter Kirmes beispielsweise „Bei mir herrscht Tonnenfinsternis“, „Ich träume von den Müllediven“ oder „Ich bin ein BMW – Bocholts-Müll-Wegräumer“. „So werden die Sprüche beim Kirmesrundgang sicherlich das ein oder andere Schmunzeln hervorrufen und hoffentlich die Akzeptanz der Tonnen erhöhen“, sagt ESB-Abfallberaterin Karin Kalka-Freundt.
Obwohl die ersten Pioniere bereits in den 1950er Jahren Reststoffe und Koppelprodukte auf Biobetrieben veredelt haben, hat sich die energetische Nutzung der Biomasse nicht durchgesetzt. Von den rund 7.500 Biogasanlagen steht heute nur ein Prozent auf Ökobetrieben. Warum das so ist und ob das so bleibt, diskutierte im August 2013 eine Expertenrunde auf Einladung des Förderkreises Ökologischer Landbau Berlin-Brandenburg.
Für Martin Becker vom Öko-Gut Kerkow im Norden Brandenburgs ist die Biogaserzeugung sinnvoll. Seit acht Jahren produziert die Anlage dort mehr als 15 Millionen kWh Strom im Jahr. 7.000 Tonnen Festmist und 750 Tonnen Gülle vom eigenen Betrieb, 2.500 Tonnen Kleegras, konventioneller Mais und weitere Substrate von Nachbarbetrieben haben einen überbetrieblichen Nährstoffkreislauf etabliert. Die Nachbarbetriebe bekommen die aufbereiteten Gärreste als Dünger zurück und können damit den humusarmen Standort verbessern.
Neben Reststoffen und Koppelprodukten kann der Ökolandwirt Kleegras verwenden, das für die Bodenverbesserung angebaut wird. Die Biogasanlage kann die Leguminosen sogar noch veredeln. Denn die Nutzung verringert die Lachgasemissionen des Klees und die Stickstoffauswaschung, die auch im Ökolandbau vorkommt, erklärte Bastian Olzem, Referatsleiter Politik beim Fachverband Biogas. Für viehlose Betriebe können die Gärreste auch den Stickstoffschwund aufhalten und über eine Bodenverbesserung Ernte und Qualität der Nutzpflanzen erhöhen.
Den Vorteilen stehen aber viele Bedenken gegenüber. Der Biogasboom hat eine neue Nutzungskonkurrenz auf den Ackerflächen etabliert. Die Biobetriebe leiden zudem unter einem wachsenden Anteil von Bio-Importen aus der EU und Drittstaaten. Für den Agrarreferenten Martin Hofstetter von Greenpeace ist dieses Thema existenzieller für die Branche als die Frage nach der energetischen Verwendung der Biomasse.
Gegen die Verwendung von Reststoffen und Koppelprodukten wie Stroh sowie Gülle sei nichts einzuwenden. Aber der Einstieg in einen Energiepflanzenanbau sei nicht mit den Vorstellungen einer biologischen Wirtschaftsweise vereinbar. Und bei der Frage, wie viel Substrat eigentlich in Bio-Betrieben zur Verfügung steht, lautet die Antwort, dass für hofeigene Quellen die meisten Anlagen zu groß seien. Und Investitionen in große Anlagen führten zu einem Ausbau der Tierhaltung, der auf einem Bio-Betrieb flächenbezogene Grenzen gesetzt sind.
Viel hängt von den politischen Rahmenbedingungen ab. Kleegras als ökologisches Substrat wird nur als Zwischenfrucht gefördert. Für Bastian Olzem einer der Punkte, die im Herbst bei der Novelle des Erneuerbare Energien Gesetzes auf der Agenda stehen sollte.
Fazit: Biogasanlagen auf Biobetrieben sind engere Grenzen gesetzt als im konventionellen Betrieb. Der Fermenter mit den Methanbakterien rüttelt mehr am Selbstverständnis der Branche als auf den ersten Blick ersichtlich.
Bei einer groß angelegten Untersuchung eines internationalen Forscherteams zu Insektenfossilien aus dem Karbon entdeckte ein Paläontologe der Universität Bonn auf einem Tonstein aus der früheren Kohlezeche Piesberg bei Osnabrück das bislang älteste Fossil einer Insektenlarve. Damit muss die Entstehung der Komplettumwandlung (Metamorphose) von Insekten um rund 45 Millionen Jahre auf 315 Millionen Jahre vordatiert werden. Die Ergebnisse werden in der aktuellen Ausgabe des renommierten Fachjournals „Nature“ beschrieben.
315 Millionen Jahre altes Fossil einer Insektenlarve: Der Tonstein wurde in der früheren Zeche Piesberg bei Osnabrück gefunden und im Museum am Schölerberg aufbewahrt. Foto: Torsten Wappler/Uni Bonn
Die Entdeckung ist nur wenige Millimeter groß und auf den ersten Blick unscheinbar. Sie könnte aber dafür sorgen, dass in paläontologischen Lehrbüchern die Kapitel über die Entwicklung der Insekten umgeschrieben werden müssen. Im ehemaligen Kohleabbau der Zeche Piesberg bei Osnabrück wurde ein winziges Fossil entdeckt, das aber umso bedeutender ist und im Museum am Schölerberg aufbewahrt wird. Vor dem Dunkelgrau der Tonsteinplatte hebt sich eine rostbraune längliche Struktur ab. Wie der Paläontologe Dr. Torsten Wappler vom Steinmann-Institut für Geologie, Mineralogie und Paläontologie der Universität Bonn anhand von dreidimensionalen Aufnahmen unter dem Mikroskop bestimmte, handelt es sich dabei wahrscheinlich um die Larve eines Käfers oder Hautflüglers.
Metamorphose muss um 45 Millionen Jahre vordatiert werden
„Die Larve wurde zwar während der Fossilisation leicht flachgedrückt, aber die Merkmale sind gut zu erkennen“, berichtet der Privatdozent. Dieses Exemplar gehöre zu den Holometabolen Insekten, die in ihrer Entwicklung eine vollständige Metamorphose vom Larven- über das Puppenstadium bis zum ausgewachsenen Insekt durchmachen. Bislang ging die Wissenschaft davon aus, dass in der Evolution die Metamorphose von Hautflüglern vor etwa 270 Millionen Jahren entstanden ist. Die Schichten aus dem Oberkarbon des Piesbergs, aus denen der Tonstein mit der fossilierten Larve stammt, sind auf 315 Millionen Jahre datiert. „Deshalb muss die Metamorphose der Hautflügler um mindestens 45 Millionen Jahre vordatiert werden“, sagt Dr. Wappler. Bei dem Fund handelt es sich nun um das älteste bekannte Zeugnis eines Holometabolen Insekts.
Die Wissenschaftler werten die Entdeckung als Glücksfund, denn die weichen und dünnhäutigen Körper von Larven werden im Fossilbericht normalerweise nicht so gut erhalten wie zum Beispiel die harten Chitinpanzer der Käfer. Die Larve ist nur etwa acht Millimeter lang, der Körper in drei Segmente unterteilt. Die Beinchen sind eher rundlich – wie beim Michelin-Männchen, dem Maskottchen des französischen Reifenherstellers. „Die genaue Zuordnung ist schwierig“, berichtet Dr. Wappler. Umfangreiche Vergleiche ergaben, dass es sich um die Larve eines Käfers oder Hautflüglers handelt, zu denen zum Beispiel auch die Bienen und Ameisen gehören.
Die Verwandlung bietet klare Überlebensvorteile
Mehr als drei Viertel aller Insekten macht eine Metamorphose durch – während der Rest frisst, wächst, sich häutet und weiterwächst. Der „Umweg“ über Larve und Puppe bietet den Insekten klare Vorteile: Die Puppe lebt als längstes Entwicklungsstadium im Boden und kann dort extreme Umweltbedingungen – wie Trockenheit oder Frost – besser überdauern. „Außerdem haben Holometabole Insekten bessere Überlebenschancen, weil die verschiedenen Stadien auf unterschiedliche Futterquellen zurückgreifen und dadurch Nahrungsrisiken minimieren“, sagt Dr. Wappler.
Ein internationales Forscherteam aus Frankreich, Russland, Tschechien, Polen, dem Libanon, China und den USA untersuchte unter Mitwirkung des Paläontologen der Universität Bonn die ältesten holometabolen Insekten. „Die Fossilfunde zeigen, dass eine erstaunlich große Vielfalt an Insekten schon im Karbon lebte“, berichtet Dr. Wappler.
Publikation: The earliest known holometabolous insects, Fachjournal “Nature”, DOI: 10.1038/nature12629
Wer auf seinen Mais für die Biogasanlage wartet, muss sich noch gedulden. Wer eine Wildsaatenmischung angepflanzt hat, konnte in diesem Jahr schon ernten. Die Schwarze Flockenblume, der Rainfarn, Steinklee, Malve und einjährige Gräser sind ein Teil der rund 20 Arten, die als Energiepflanzen bunte Felder erzeugen. Höherer Artenreichtum auf dem Feld, bei Wildtieren und Insekten, Aufbrechen monotoner Energiepflanzenlandschaften und Imageförderung für die Landwirtschaft sind gute Gründe für die alternative Pflanzenwahl, erklärte Dr. Birgit Vollrath von der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau. Sie zog jüngst Bilanz beim Bundessortenamt in Marquart bei Potsdam zum Projekt „Energie aus Wildpflanzen“.
Nach Artenwahl und Mischungsverhältnis im Projektabschnitt 2008 bis 2011 laufen derzeit die Bestandsgründungsversuche bis 2015. Während Mais in jedem Jahr aufs Neue gesät werden muss, entwickelt sich die Wildpflanzenmischung von einer ertragsbildenden Gras- zu einer ertragsbildenden Staudengesellschaft. Derzeit gehen die Agrarwissenschaftler von einer fünfjährigen Nutzungsdauer aus, damit der Standort nicht als Dauergrünland eingestuft wird.
Das ist aber nicht der alleinige Nachteil von Wildpflanzen für die Biogaserzeugung. Mais ist ökonomisch überlegen: hohe Biomasseerträge, hohe Methanausbeute und ein bekanntes Produktionsverfahren.
Der detaillierte Blick aber zeigt ein anderes Bild. Berechnungen für Unterfranken zeigen Bereitstellungskosten von 1.573 Euro pro Hektar Mais. Düngung und Pflanzenschutz machen dabei mehr als die Hälfte der Kosten aus. Die entfallen bei der Wildsaatenmischung, deren Bereitstellungskosten 714 Euro je Hektar betragen. Auf Standorten die zu feucht, trocken, steinig oder steil sind, haben Wildpflanzen durch ihre geringeren Bereitstellungskosten Vorteile gegenüber Mais.
Die Züchtung arbeitet bereits an höheren Methanerträgen zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit auf Gunststandorten. Ganz neu sind Versuche mit einer N-Düngung. Der Wildpflanzenertrag steigt. Aber ob dann solche Mischungen für das künftige Greening noch anerkannt werden können, ist derzeit offen. Wildpflanzenpionier Joachim Zeller experimentiert lieber mit einem höheren Leguminosenanteil in seinen Saatmischungen.
Aussaatversuche im Bundessortenamt zeigen, dass eine Tiefsaat der leichten Grassamen in einem ersten und dann erst die Aussaat der Stauden in einem zweiten Arbeitsgang für die Wildpflanzenmischung vorteilhaft sind. Die Feinsämereien mit einem Tausendkorngewicht von 0,3 Gramm sind sonst der Wind- und Wassererosion ausgesetzt. Die zweimalige Befahrung ist aber ökonomisch noch nicht durchgerechnet.
An trockenen Standorten wie in Brandenburg entwickeln sich die Wildpflanzen als Untersaat im herbstlichen Grünroggen und profitieren von der Bodenfeuchtigkeit im Winter. Standortbezogen gelingt dem Wildpflanzenanbau offenbar ein Kompromiss zwischen Ökologie und Ökonomie.