Sieben von zehn Pflegenden gestresst, vier von zehn sogar unter Dauerdruck

Mehr als 2,5 Millionen Menschen in Deutschland sind pflegebedürftig. Etwa zwei Drittel von ihnen werden ausschließlich von den eigenen Angehörigen zu Hause versorgt – eine Aufgabe, die viele Pflegende stark unter Druck setzt. Das zeigt eine aktuelle Forsa-Umfrage im Auftrag der Techniker Krankenkasse (TK). Danach sind fast sieben von zehn pflegenden Angehörigen gestresst. Fast 40 Prozent stehen sogar unter Dauerdruck – und sind damit fast doppelt so stark belastet wie der Bevölkerungsdurchschnitt (20 Prozent). Vier von zehn geben zudem an, dass sie sich ausgebrannt fühlen – gegenüber knapp drei von zehn der Befragten insgesamt.

Zudem schlaucht die Doppelbelastung durch Beruf und Pflege. Fast sechs von zehn pflegenden Angehörigen (58 Prozent) sagen, dass sie sich durch ihre berufliche Tätigkeit oft abgearbeitet und verbraucht fühlen. Damit liegen sie ebenfalls weit über dem Durchschnitt von 40 Prozent. Sie leiden am Arbeitsplatz zudem überdurchschnittlich oft unter einem zu großen Arbeitspensum (75 Prozent gegenüber 65 Prozent der Berufstätigen insgesamt) und Termindruck (78 Prozent gegenüber 62).

Gerade Pflegenden fällt es außerdem oft schwer, die richtige Work-Life-Balance zu finden. Mehr als jeder Zweite (53 Prozent) gibt an, dass Freunde und Familie wegen des Berufs oft zu kurz kommen. Im Bundesdurchschnitt empfindet das nur jeder Dritte (34 Prozent). Auf der anderen Seite fehlt Pflegenden dadurch eine wichtige Möglichkeit um aufzutanken. So sagt nur jeder Zweite, er könne Energie aus seinem Privatleben ziehen – gegenüber sieben von zehn Menschen im Bevölkerungsschnitt.

Die Pflegesituation geht auch mit einer schlechteren Gesundheitsbilanz einher. Zwei Drittel der Pflegenden geben an, dass sie unter Rückenschmerzen leiden (66 Prozent gegenüber 58 Prozent im Bundesschnitt). Fast jeder Zweite kämpft zudem mit Schlafstörungen (46 gegenüber 32 Prozent). 41 Prozent fühlen sich nervös und gereizt, verglichen mit durchschnittlich 25 Prozent. Auch niedergedrückte Stimmungen, Atembeschwerden und Angstzustände treten häufiger auf. Jeder Vierte, den die Pflege Angehöriger belastet, gibt zudem an, dass er in den letzten Jahren psychische Erkrankungen wie Burn-out, Depressionen oder Angststörungen hatte.

Die TK-Studie zeigt jedoch auch positive Faktoren auf. So belastet der Job zwar, gibt aber auch Energie. Mehr als drei Viertel der Pflegenden sagen, dass ihnen ihr Beruf Spaß macht und ein wichtiger Teil ihres Lebens ist. Mehr als jeder Vierte gehört außerdem zu den „Kämpfern“, die von sich sagen, dass sie bei Stress erst richtig zu Hochform auflaufen.

„Sich um einen kranken oder alten Angehörigen zu kümmern, ist für viele Betroffene eine Herzensangelegenheit. Unsere Daten zeigen aber auch, dass die Pflege an Nerven und Gesundheit zerrt“ sagt Heiko Schulz, Diplompsychologe bei der TK. „Zu körperlichen Anstrengungen wie Heben oder Tragen und einem hohen Zeitaufwand kommt die ständige Sorge um den Pflegebedürftigen. Viele Angehörige fühlen sich wie in einem Hamsterrad und haben das Gefühl, nur noch zu funktionieren.“ Daher gelte es, ihre positiven gesundheitlichen Ressourcen zu stärken und sie damit zu befähigen, die unvermeidbaren Belastungen auch bewältigen zu können. Schulz: „Schon kleine positive Erlebnisse, bewusst genossen, können einen Ausgleich bilden.“ Wer regelmäßig eine schöne Aktivität mit Freunden oder der Familie, kann neue Kraft schöpfen – und wenn es nur ein kurzer Spaziergang oder ein gemütliches Kaffeetrinken ist. Auch zwischendurch immer wieder einmal bewusst ein paar Minuten abzuschalten und tief durchzuatmen, helfe zu regenerieren.

„Pflegende Angehörige sollten sich auch Unterstützung aus ihrem sozialen Umfeld holen“, rät Schulz. Am Arbeitsplatz erweist es sich in der Regel als hilfreich, Vorgesetzte und Kollegen offen über die private Belastung zu informieren. Auch Auszeiten sind möglich: Steht Urlaub an oder wird der Pflegende selbst krank, übernimmt die Pflegeversicherung für die sogenannte Ersatzpflege für bis zu 28 Tage im Jahr Kosten bis zu 1.550 Euro. Die Pflege kann dabei zu Hause durch Freunde oder einen ambulanten Pflegedienst übernommen werden. Entlastend sind auch individuelle Schulungen oder Kurse, in denen Pflegende Techniken wie rückengerechtes Pflegen und Pflegemethoden erlernen können. Auch der Austausch mit anderen Angehörigen, aber auch mit professionellen Pflegekräften kommt in diesen Kursen nicht zu kurz.

Gendefekt für seltene Hauterkrankung gefunden

Wissenschaftler der Universität Bonn haben Mutationen identifiziert, die die seltene Dowling-Degos-Krankheit auslösen können. Interessant an diesem Erfolg ist unter anderem die Art und Weise, wie er erzielt wurde: Die Forscher nutzten dazu eine neuartige Methode, die die Suche nach seltenen Gendefekten erheblich vereinfachen kann. Noch vor wenigen Jahren wäre der Fund kaum möglich gewesen. Die Studie ist im renommierten American Journal of Human Genetics erschienen.

Um krank machende Mutationen zu finden, nutzen Forscher normalerweise eine besondere Eigenschaft der Erbanlagen aus: Gene, die auf einem Chromosom in enger Nachbarschaft liegen, werden häufig zusammen vererbt. Ein Beispiel: In einer Familie ist der braunäugige Vater erkrankt, die blauäugige Mutter aber gesund. Die erkrankten Kinder haben allesamt braune Augen. In diesem Fall kann man annehmen, dass die Mutation in der Nähe des Augenfarbe-Gens liegt. Die Forscher können also ganz gezielt in den Erbgut-Regionen um das Augenfarbe-Gen nach Veränderungen suchen.

Prof. Dr. Regina C. Betz hat die Heisenberg-Professur für Dermatogenetik am Institut für Humangenetik der Universität Bonn inne. (c) Foto: Volker Lannert/Uni Bonn
Prof. Dr. Regina C. Betz
hat die Heisenberg-Professur für Dermatogenetik am Institut für Humangenetik der Universität Bonn inne. (c) Foto: Volker Lannert/Uni Bonn

Ein Nachteil der Methode: Sie funktioniert nur in Familien mit vielen Betroffenen. Denn nur dort lässt sich der Ort des mutierten Gens mit ausreichender statistischer Wahrscheinlichkeit bestimmen. Bei sehr seltenen genetischen Erkrankungen kennen die Forscher häufig nicht genügend miteinander verwandte Patienten. Dazu gehört auch die Dowling-Degos-Krankheit. Die Erkrankung äußert sich unter anderem in einer vermehrten Anzahl von Pigmentflecken auf der Haut. Zudem ist die Haut empfindlicher und neigt bei Sonneneinstrahlung und Hitze zu unangenehmen Entzündungen.

Neue Technologie ermöglichte den Fahndungserfolg

Die Wissenschaftler um Prof. Dr. Regina C. Betz vom Universitätsklinikum Bonn haben inzwischen über 50 betroffene Einzelpersonen und Familien gesammelt. „Damit dürften wir Zugang zu einem der weltweit größten Patientenkollektive haben“, sagt Betz, die am Institut für Humangenetik in Bonn eine Heisenberg-Professur für Dermatogenetik der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) bekleidet. Die meisten der Erkrankten sind jedoch nicht miteinander verwandt. Die oben skizzierte Methode ist in diesem Fall also ungeeignet, die zu Grunde liegenden Mutationen aufzuspüren.

Seit einigen Jahren gibt es jedoch eine Alternativmethode, um Erbgut-Defekte zu identifizieren. „Es ist inzwischen möglich, innerhalb von wenigen Wochen die gesamten Gene eines Menschen – das so genannte Exom – zu sequenzieren“, erläutert Prof. Betz. „Früher mussten wir den Ort des defekten Gens zumindest ungefähr kennen, um dann diese Region ganz gezielt unter die Lupe nehmen zu können. Das ist heute nicht mehr nötig.“

Die Forscher haben das Exom von fünf Patienten mit dieser Methode komplett sequenzieren lassen. Im Anschluss haben sie die so gewonnenen Informationen miteinander verglichen. Dabei sind sie auf ein Gen gestoßen, dessen Sequenz bei allen fünf untersuchten Personen von dem gesunder Menschen abwich. Die Erbanlage trägt den Bauplan für ein Enzym namens POGLUT1. Es spielt unter anderem bei der Vermehrung von Haut- und Pigmentzellen eine wichtige Rolle.

„Wir haben dieses Gen auch bei anderen Patienten in unserem Pool sequenziert“, sagt Dr. Buket Basmanav, Postdoktorandin in der Arbeitsgruppe von Prof. Betz. „Insgesamt weisen 13 Betroffene an dieser Stelle einen Defekt auf. Bei den anderen ist das Gen unauffällig; es sind bei ihnen also Mutationen in anderen Genen für die Krankheit verantwortlich.“ Eine der betroffenen Erbanlagen konnten die Forscher bereits 2006 identifizieren: das Keratin 5-Gen. Rund ein Drittel der Bonner Patienten weisen Mutationen in dieser Erbanlage auf.

Auf lange Sicht könnte die Entdeckung dazu beitragen, die Entstehung von Pigmentierungsstörungen besser zu verstehen. „Unsere Resultate gewähren zudem einen weiteren Einblick in die komplexen Auf- und Umbauprozesse in unserer Haut“, betont Prof. Betz.

Publikation: Mutations in POGLUT1, Encoding Protein O-Glucosyltransferase 1, Cause Autosomal-Dominant Dowling-Degos Disease; The American Journal of Human Genetics, http://dx.doi.org/10.1016/j.ajhg.2013.12.003

Acht Nominierungen für den Preis der deutschen Filmkritik

Szene aus dem Dokumentarfilm "Master of the Universe" von Marc Bauder Foto: hr/bauderfilm
Szene aus dem Dokumentarfilm „Master of the Universe“ von Marc Bauder
Foto: hr/bauderfilm

Produktionen des Hessischen Rundfunks (hr) und der Hessischen Filmförderung (HFF) sind acht Mal für den Preis der deutschen Filmkritik nominiert worden. Dabei hat die von der HFF geförderte hr-Koproduktion „Master of the Universe“ gleich in drei Kategorien Chancen auf eine Auszeichnung: „Bester Dokumentarfilm“ (Regie: Marc Bauder), „Beste Musik“ (Bernhard Fleischmann) und „Beste Kamera“ (Börres Weiffenbach). Die Preise werden am 10. Februar im Rahmen der Berlinale verliehen.

In der Kategorie „Bester Dokumentarfilm“ ist außerdem die hr-Koproduktion „Vergiss mein nicht“ von David Sieveking sowie der Film „Drachenmädchen“ von Inigo Westmeier nominiert. Beide Produktionen wurden von der HFF unterstützt.

Die Aussicht auf mehrere Preise hat ebenfalls die hr-Koproduktion „Houston“ mit hr-„Tatort“-Star Ulrich Tukur als Hauptdarsteller. Der Film ist in den Kategorien „Bester Spielfilm“ (Regie: Bastian Günther“ und „Bester Schnitt“ (Anne Fabini) nominiert.

In der Kategorie „Bester Darsteller“ ist Sascha Alexander Gersak für seine Leistung unter anderem in der hr-Koproduktion „5 Jahre Leben“ nominiert.

Der Preis der deutschen Filmkritik wird in zwölf Kategorien an deutsche Filme vergeben, die im vorangehenden Kalenderjahr in den Kinos zu sehen waren. Es ist der einzige deutsche Filmpreis, der ausschließlich von Kritikern vergeben wird. Die renommierte Auszeichnung richtet sich nicht nach wirtschaftlichen, länderspezifischen oder politischen Kriterien, sondern nach rein künstlerischen.

Die hr-Koproduktionen „5 Jahre Leben“, „Houston“ und „Master of the Universe“ sind außerdem in die Vorauswahl zum Deutschen Filmpreis gewählt worden.

Niederländischer Ministerpräsident Mark Rutte zu Besuch in Nordrhein-Westfalen

Niederländischer Ministerpräsident Mark Rutte zu Besuch in Nordrhein-Westfalen © Foto: Roberto Pfeil / Staatskanzlei Nordrhein-Westfalen
Niederländischer Ministerpräsident Mark Rutte zu Besuch in Nordrhein-Westfalen
© Foto: Roberto Pfeil / Staatskanzlei Nordrhein-Westfalen

Der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte ist in Nordrhein-Westfalen zu Besuch. Ministerpräsidentin Hannelore Kraft empfängt ihn zu einem eintägigen Staatsbesuch in Essen. Ministerpräsident Rutte folgt damit einer Einladung von Ministerpräsidentin Kraft. Der Besuch dient in erster Linie der Intensivierung und der Vertiefung der politischen und persönlichen Kontakte zwischen den Niederlanden und Nordrhein-Westfalen. Im Januar 2013 war Hannelore Kraft zu Gast in Den Haag.

Auf dem Programm steht zuerst ein Besuch auf der Zeche Zollverein in Essen. Dort trägt sich der niederländische Ministerpräsident in das Gästebuch der Landesregierung ein. Danach folgt ein bilateraler Gedankenaustausch zwischen Ministerpräsident Rutte und Ministerpräsidentin Kraft, bei dem die Beziehungen der beiden Länder in wirtschaftlicher und kultureller Sicht im Mittelpunkt stehen.

„Mit keinem anderen Staat besteht eine vergleichbar enge Zusammenarbeit wie mit den Niederlanden, sei es beispielsweise in den Bereichen Infrastruktur, Wissenschaft und Innovation oder bei der Bekämpfung von Kriminalität. Wir sind wahrlich gute Nachbarn geworden. Wir haben unsere Lehre aus der Geschichte gezogen“, sagte Ministerpräsidentin Hannelore Kraft. Darüber hinaus seien die Niederlande der wichtigste Handelspartner und das größte Investorenland in NRW. Über 3000 niederländische Unternehmen mit rund 95.000 Arbeitsplätzen bedienten von NRW aus den deutschen Markt. „Diese hervorragende Zusammenarbeit wollen wir weiter festigen und vertiefen“, betonte Ministerpräsidentin Hannelore Kraft.

Ministerpräsident Rutte sagte: „Ich freue mich, dass ich heute hier sein kann. Mit meinem Besuch möchte ich unsere guten Beziehungen zu Nordrhein-Westfalen unterstreichen. Der Besuch auf der Zeche Zollverein und unsere Gespräche mit Wissenschaftlern und Unternehmern von beiden Seiten der Grenze lenkt das Augenmerk auf die zukunftsorientierte Zusammenarbeit zwischen den Niederlanden und NRW, die wir heute weiter vertiefen wollen.“

Mark Rutte und Hannelore Kraft besuchen anschließend das Erwin L. Hahn Institut und besichtigen dort einen Hochleistungs-Magnetresonanz-Tomographen. Das Erwin L. Hahn Institut wurde im Juli 2005 von der Universität Duisburg-Essen und von der niederländischen Radboud Universität in Nimwegen gegründet. Das Institut forscht vor allem in der medizinischen Diagnostik.

Im Anschluss daran begrüßt Prof. Dr. Robert Zec die beiden Regierungschefs im Red Dot Design Museum auf dem Gelände der Zeche Zollverein. Im Rahmen einer Führung stellt Prof. Zec die Highlights der Ausstellung vor wie zum Beispiel eine Obstschale, Kochgeschirr oder Pendelleuchten. Das Red Dot Design Museum wird vom Design Zentrum Nordrhein-Westfalen betrieben und befindet sich seit 1997 im ehemaligen Kesselhaus der Zeche Zollverein. Auf einer Fläche von mehr als 4000 m² werden rund 2000 Exponate zeitgenössischen Produktdesigns ausgestellt, die alle mit dem Red Dot Design Award ausgezeichnet wurden.

Abschließend findet ein gemeinsames Mittagessen statt, an dem auch hochrangige Unternehmensvertreter aus NRW teilnehmen, die entweder niederländischer Herkunft sind oder die enge Beziehungen zu den Niederlanden haben.

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