Rührei ohne Ei: Neue Produkte für Veganer

US-amerikanische Wissenschaftler haben ein Rührei für Veganer entwickelt, das kein tierisches Eiweiß enthält. Es besteht aus einer proteinhaltigen Masse, die sich beim Erhitzen verfestigt. Das Unternehmen Hampton Creek Foods in San Francisco hat bereits eine Mayonnaise ohne Ei auf den US-amerikanischen Markt gebracht, in diesem Jahr werden eifreie Kekse folgen. Die Produkte sollen nicht nur ein Angebot für Veganer sein, sondern eine Alternative für jeden Konsumenten bieten. Ein wichtiger Vorteil sei, dass die Ei-Ersatzprodukte kein Cholesterin enthalten und eine bessere Umweltbilanz haben.

Hühnereier haben ganz spezielle Eigenschaften. So ist das im Eigelb enthaltene Lecithin ein Emulgator, der das Mischen von Öl und Wasser ermöglicht. Bei der Zubereitung des Rühreis gerinnt das Ei, ist aber noch cremig und locker. Es ist nicht einfach, ein Produkt mit ähnlichen Eigenschaften zu entwickeln. Die Lebensmittelforscher haben intensiv gesucht und eine Mischung aus elf verschiedenen proteinhaltigen Pflanzen gefunden. Dabei handelt es sich vor allem um Bohnen, die in dieser Kombination vergleichbare Eigenschaften und damit eine ähnliche Konsistenz und Geschmack wie ein Rührei aufweisen.

Auch in Deutschland sind etwa in Bioläden oder Reformhäusern Ei-Ersatzprodukte erhältlich. Sie bestehen häufig aus Mais-, Kartoffelstärke oder auch Tapiokamehl und werden mit Wasser angerührt. Sie können zum Beispiel für Bratlinge, Kuchen, Soßen und Pfannkuchen verwendet werden. Zur Herstellung von Rührei oder Spiegelei sind diese Produkte aber nicht geeignet. Stattdessen lässt sich mit verschiedenen Tofusorten, Kurkuma, Salz und Pfeffer einfach und schnell ein rühreiähnliches Gericht zubereiten.

Heike Kreutz, www.aid.de

Weitere Informationen:
hamptoncreekfoods.com/

„Massentierhaltung“ contra Tierwohl?

Verbraucher wollen guten Gewissens Fleisch essen. Das ist zumindest in den Medien die gängige Interpretation von Umfrageergebnissen. So hat zum Beispiel die Umfrage „Consumers� Choice 11“ der Bundesvereinigung der deutschen Ernährungsindustrie ergeben, dass 75 Prozent der Befragten Wert auf Lebensmittel aus artgerechter Tierhaltung legen. Warum auch nicht? Uns geht es gut, da soll es auch den Tieren gut gehen. Wer sollte da etwas dagegen haben? Die Landwirte, weil das mit Mehrarbeit verbunden ist? Die verarbeitenden Unternehmen und der Handel, weil das vielleicht teurer ist? Oder gar letztendlich der Verbraucher, der dann eventuell lieber nicht so viel zahlen möchte an der Fleischtheke?

Immerhin essen die Bundesbürger etwa 61 kg Fleisch pro Jahr. Das entspricht 88 kg Fleischeinsatz, inklusive der nicht verwertbaren Teile. Der Durchschnitt ist dabei eine reine Recheneinheit, bezieht also auch Vegetarier, Halbzeit-Vegetarier und Veganer ausdrücklich ein.

Aber die Frage nach mehr Tierschutz/Tierwohl/Artgerechter Haltung ist noch wesentlich komplizierter. Das wurde spätestens im Rahmen der weltgrößten Landwirtschafts- und Ernährungsschau, der Internationalen Grünen Woche Mitte Januar in Berlin klar. Denn was heißt denn genau „artgerechte Tierhaltung“? Da hat jeder in der Branche offenbar seine eigenen Vorstellungen und der Verbraucher blickt da längst nicht mehr durch.

So ist Joachim Rukwied, Präsident des Deutschen Bauernverbandes, der Ansicht, dass Kühe in Deutschland besser ernährt werden als Menschen. „Wir haben keine Massentierhaltung“, ist sein Statement. Daher sei er auch nicht bereit, unsachliche Diskussionen mit Organisationen zu führen, die die Branche diffamieren wollten. Und doch startete der Deutsche Bauernverband im Sommer 2013 eine „Initiative Tierwohl“, die „gesellschaftliche Forderungen nach mehr Tierwohl in der Nutztierhaltung berücksichtigt“, so eine Ankündigung in einer Mitgliederzeitschrift. Also doch Handlungsbedarf?

Dass das Fragen aufwirft, liegt auf der Hand und so machen andere Interessengruppen ordentlich Gegenwind. Zum Beispiel der größte Öko-Anbauverband Bioland: „Die Branchenlösung ist lediglich eine PR-Kampagne, um das angekratzte Image der Tierhalter zu verbessern. Nicht mehr und nicht weniger“, kritisierte Verbandspräsident Jan Plagge. Die Initiative sei komplett ungeeignet, um mehr Tierschutz zu schaffen, weil die Landwirte den Verbrauchern den Mehrwert gar nicht verkaufen können. Zudem bremse die Initiative andere Labels für konventionelle Landwirte aus, wie das des Tierschutzbundes. Dieses Label ist aber leider auch nicht unumstritten, da es zweistufig und so wenig transparent für den Endverbraucher daher kommt. Eine große Diskrepanz also zwischen den Verbraucherwünschen nach artgerechter Tierhaltung bzw. Fleischkonsum mit gutem Gewissen und den tatsächlichen, für den Verbraucher nicht ersichtlichen Verhältnissen.

Um das Problem sachlich anzugehen und für alle Nutztiere ein Mindestmaß an Artgerechtigkeit zu erreichen, müssen vielleicht doch harte Fakten – sprich Gesetze – her. Der Markt kann das offenbar nicht alleine regeln. Zumindest nicht nach den heterogenen Verbraucherwünschen: Ist für die Einen das Tierwohl unumwunden mit wenig Antibiotikaeinsatz und Platz verbunden, träumt der Andere noch von blühenden Sommerwiesen mit Kühen auf der Weide. Der Landwirt sitzt hierbei zwischen den Stühlen. Kein professioneller Tierhalter wird allen Ernstes nicht auf die Gesundheit seiner Tiere achten. Denn das ist ein ökonomisch nicht zu verachtender Faktor.

Oft ist mangelnder Tierschutz eher ein Managementproblem. Zum Beispiel in der Rinderhaltung: die Sauberkeit der Tiere, die Klauengesundheit, das Stallklima, Lauf- und Liegeflächen oder die Wasserversorgung. Angehende Landwirte müssen in ihrer Ausbildung für das Thema sensibilisiert werden. Es nützt nichts, wenn der Verbraucher sagt: „Ich will mehr Tierschutz“, der Landwirt aber keine Hilfe bekommt, die notwendigen Schritte durchzuführen. Genau da setzt unter anderem der aid infodienst in Bonn an. Er entwickelt Materialien, die dem Landwirt ganz praktisch helfen, seine Tiere „artgerechter“ und damit gesünder zu halten – auch ohne Stallneubau oder hohe Investitionen.

In einem waren sich die Experten auf der Grünen Woche aus allen Lagern aber einig: Tierische Lebensmittel sind zu billig.
Harald Seitz, www.aid.de

Bäuerliche Familienbetriebe: Zwischen Nostalgie und Kapitalgesellschaft

Das Zerrbild zwischen Wirklichkeit und Nostalgie in der Landwirtschaft ist so ausgeprägt wie in keinem anderen Wirtschaftszweig. Wenn ein neues, technologisch ausdifferenziertes Auto auf den Markt kommt, weiß jeder, dass nicht vierzig Monteure jede Schraube einzeln eingedreht, jede Naht selbst geschweißt haben. Hier wird der technische Fortschritt – teils neidvoll – anerkannt. Anders, wenn es um essbare oder trinkbare Produkte geht. Bei Milchprodukten wird teils erwartet, dass die Sennerin auf der Alm persönlich die Milchsäure rechts herum dreht – am besten noch im Dirndl mit Alphörnern und Glockengeläut im Hintergrund. Dass der Landwirt bereits seit Jahrzehnten seine Produkte selten selbst verarbeitet oder veredelt, spielt dabei nur eine Nebenrolle.

Wie Landwirte heutzutage tatsächlich arbeiten, wissen oft nur sie selbst oder anhängende Industriezweige. Nämlich in den meisten Fällen höchst modern und effizienzorientiert. Die Struktur allerdings scheint sich zu ändern. Weltweit ist ein Trend zu beobachten, weg von familiären Strukturen hin zur Investoren-Landwirtschaft. „Im Wettbewerb um beschränkte Faktoren, wie Boden, sind die nicht familiengeprägten Kapitalgesellschaften auf dem Vormarsch“, sagte Carl-Albrecht Bartmer, Präsident der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft (DLG) auf dem BäuerinnenForum 2014 in Berlin. Solche Investoren hätten nur Rendite im Sinn und keine Verpflichtungen gegenüber dem Ort der Investition. Bartmer betonte aber, dass es nicht DEN Investor und nicht DEN bäuerlichen Betrieb gebe, sondern viele Grauzonen: „Es gibt auch innerhalb von Familienbetrieben solche Strukturen. Banken als Investoren, GmbHs in Tierhaltungsbetrieben, et cetera. Es gibt also keinen Biotop-Charakter.“

Für Brigitte Scherb, Präsidentin des Deutschen LandFrauenverbandes, stellt sich die Frage nicht, welche Struktur in der Erwerbslandwirtschaft ihr Favorit ist: „Der Idealfall ist, wenn Leitung, Management, Kapital, Boden, Verantwortung und das Risiko innerhalb der Familie liegen.“ Nur so könne eine schnelle Reaktion in einem volatilen Markt erfolgen. Bartmer sieht zusätzliche Vorteile wie die Elastizität der familieneigenen Arbeitskräfte. „Wenn meine Kuh nachts kalbt, gehe ich selbstverständlich raus. Gehört sie aber einer Kapitalgesellschaft, überlege ich mir das vielleicht“, so der DLG-Präsident. Auch die lokale Vernetzung und die Flexibilität der Eigenkapitalbindung sieht Bartmer als enorme Vorteile der familiären Struktur. Man solle aber keinen Schutz von politischer Seite fordern. Eine Umarmung mit Rahmenbedingungen könne auch erdrücken. Allerdings sei ein Umdenken erforderlich: „Alles muss auf dem OP-Tisch seziert werden.

Vor allem Themen wie die Stickstoffbilanz oder eingesetzte Energie.“ Beides Themen, bei denen die Fronten zwischen Produzentenverbänden und Kritikern extrem verhärtet scheinen. Bartmer fordert aber Transparenz und eine aktive Lösung: „Nachhaltigkeit muss messbar werden und Landwirte müssen das nachweisen. Wir müssen darüber sprechen, was wir tun, dann haben wir auch bessere Argumente.“

Warum das Bild der Landwirtschaft noch immer nostalgisch verklärt ist, könnte an jahrzehntelanger Werbung mit immer gleichen Erwartungsmustern liegen oder aber der noch zu geringen öffentlichen Wahrnehmung der gesamten Lebensmittelkette. Die Frage aber, die immer populärer wird ist: „Wo kommt mein Essen eigentlich her und wie wird es gemacht?“ Und das ist gut so.

Harald Seitz, www.aid.de

Stadtgeschichte: Zum Tod des Kreisbranddirektors Rudolf Fischer

Leichenzug am 13. Februar 1934 anlässlich des Todes von Fabrikant Rudolf Fischer. Foto: Familie Westerhoff
Leichenzug am 13. Februar 1934 anlässlich des Todes von Fabrikant Rudolf Fischer. Foto: Familie Westerhoff

Am 13. Februar 1934 bewegte sich ein Leichenzug durch die Bocholter Straßen, wie ihn die Stadt vermutlich noch nie gesehen hatte. Der Fabrikant Rudolf Fischer wurde zu Grabe getragen. Er war vier Tage zuvor im Alter von 65 Jahren nach kurzer Krankheit in Münster verstorben.

Mit ihm verlor die Stadt Bocholt einen Mann, der sich auf den verschiedensten Gebieten des öffentlichen Lebens einen Namen gemacht hatte und seine ihm anvertrauten Aufgaben mit Engagement, Pflichtbewusstsein und Begeisterung für seine Heimatstadt erfüllte.

Rudolf Fischer war als Unternehmer Mitinhaber der Textilfirma August Fischer & Co. an Schanze/Brückenstraße. 1907 gehörte er zu den Mitbegründern des Vereins für Heimatpflege Bocholt und gilt als Initiator des kurz darauf entstandenen Bocholter Martinszuges. Ebenfalls 1907 schloss er sich der neu gegründeten Städtischen Freiwilligen Feuerwehr an, deren stellvertretender Branddirektor er bis 1918 war. Im Jahr darauf übernahm er den Posten des Kreisbrandmeisters für den Kreisfeuerwehrverband Borken-Bocholt. Ferner gehörte Rudolf Fischer dem Kaiser-Wilhelm-Kriegerverein, dem Stahlhelm Bund der Frontsoldaten und der Deutschen Kriegsgräberfürsorge Ortsgruppe Bocholt an. Für seine Verdienste um das Feuerlöschwesen wurde er einige Monate vor seinem Tod schließlich zum Kreisbranddirektor ernannt.

Nach dem Seelenamt in St. Georg setzte sich an jenem sonnigen Februarmorgen der mehrere Hundert Meter lange Leichenzug am Trauerhaus in der Friedenstraße in Bewegung. Das Foto entstand an der Ecke Leopoldstraße und zeigt den von Pferden gezogenen Leichenwagen auf der Münsterstraße vor dem Fahrradgeschäft Peltzer. Die übergroße Zahl der Uniformierten mit Stahlhelmern, den Abordnungen sämtlicher Feuerwehren aus dem Umkreis, SA-Mitgliedern, Fahnenträgern und Polizeibeamten hatte die Stelle bereits ebenso passiert, wie die Belegschaft der Firma Fischer und die Familie. Vor der Pfarrgeistlichkeit und dem Kreuzträger schreitet Brandmeister Josef Weißing, die Verdienstorden und Ehrenzeichen des Verstorbenen präsentierend.

Steiger mit brennenden Pechfackeln eskortieren den mit Kränzen geschmückten Wagen zum Friedhof. Es folgen die Vertreter der Behörden und Vereine, allen voran der geschäftsführende Oberbürgermeister Wilhelm Brockhoff. In Höhe der Bismarckstraße bildet der mit Trauerflor versehene automobile Löschzug der Bocholter Feuerwehr das Ende des Leichenzuges. Den Sarg hatte man in die Reichskriegsflagge gehüllt und darauf Helm und Beil des Verstorbenen platziert. Das Grab Rudolf Fischers existiert noch heute auf dem städtischen Friedhof an der Blücherstraße.

Text: Wolfgang Tembrink, Stadtarchiv Bocholt

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